US-Gesundheitsreform weiter blockiert Obama und der Jahrmarkt der Eitelkeiten

Wasington (RP). Mit einer im öffentlichen Debatte hofft der US-Präsident endlich die Lähmung seiner politischen Handlungsfähigkeit zu beenden. Doch die Republikaner blockieren weiter sein Prestige-Projekt.

Die Kernpunkte von Obamas Gesundheitsreform
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Foto: AP

Es war ein Jahrmarkt der Eitelkeiten, der Barack Obamas Gesundheitsgipfel mit den Republikanern vorausging. Um jedes noch so nebensächliche Detail wurde so erbittert gerungen, als ginge es um die Sitzordnung nahöstlicher Friedensgespräche. Wenn der kleinliche Formalienstreit etwas über die Atmosphäre aussagt, dann ahnt man: Einen Durchbruch dürfte der "Health Care Summit" nicht bringen.

Vielleicht sah es auch der Präsident so, doch wenn dem so war, dann gab er sich gestern größte Mühe, es zu verbergen. "Es ist eine sehr ideologische Schlacht geworden", klagte er und bat die Opposition um mehr gesunden Menschenverstand. "Ich hoffe, wir reden nicht nur über das, wo wir unterschiedlicher Meinung sind."

Die Replik der Konservativen, vorgetragen von Lamar Alexander, einem Senator aus Tennessee, ließ nicht auf eine Verständigung hoffen. "Lassen Sie uns den Gesetzentwurf zurück ins Regal legen. Lassen Sie uns von vorn beginnen, mit einem leeren Blatt Papier." Mit Obamas Reform verhalte es sich wie mit einem schlecht konstruierten Auto. Es werde nicht besser, wenn man es in die Werkstatt hole.

Sechs Stunden Debatte hatte der Staatschef angesetzt. Live übertragen von den Kabelsendern, sollte der Dialog Sachlichkeit einziehen lassen in eine Auseinandersetzung, bei der wütende Reformgegner den Präsidenten schon mal mit Hitler und Stalin verglichen.

Tatsächlich sind die Fronten so festgefahren, dass nur kühnste Optimisten an einen Erfolg glaubten. Obama will endlich einen Schlussstrich ziehen unter ein Kapitel, das ihn nun schon seit acht Monaten in Beschlag nimmt. Das zähe Gerangel beeinträchtigt seine Handlungsfähigkeit, andere Vorhaben, etwa ein Klimagesetz, liegen auf Eis.

Anfang Januar stand er kurz vor dem Ziel. Beide Parlamentskammern hatten ihre Reformpapiere verabschiedet und mussten nur noch eine Kompromissfassung aushandeln. Doch dann gewann ein Republikaner die Senatsnachwahl in Massachusetts. Es bedeutete, dass die Demokraten im Senat jene 60-Stimmen-Mehrheit einbüßten, die normalerweise nötig ist, um Gesetze zu beschließen.

Nun kreist der Diskurs um die Frage, ob Obama doch noch einen Weg findet, sein Vorhaben durch den Kongress zu bringen. Theoretisch gibt es ein solches Verfahren, die "reconciliation" ("Schlichtung"), dazu gedacht, über Budgetfragen zu bereits beschlossenen Gesetzen abzustimmen. Dabei genügt eine einfache Mehrheit von 51 Senatoren. Die Republikaner halten es für Regelbruch, ein so weit reichendes Paket mit dieser Prozedur durchzuboxen.

Obama weiß, dass er damit ein hohes politisches Risiko einginge. Zentristen seiner eigenen Partei könnten kalte Füße bekommen. Im November wird ein Drittel der Senatssitze neu gewählt, allein das lässt manche Demokraten übervorsichtig werden. Sie könnten am Ende selbst mit Nein gegen die Reform stimmen und ihren Präsidenten am Ende noch mehr blamieren.

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