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Reform der Parlamentskammer Oberhaus in London soll schrumpfen

London · Viele Lords und Teile der konservativ-liberalen Regierung lehnen die Pläne zur Reform der elitären Parlamentskammer ab. Die einen sind gegen eine Verkleinerung, die anderen fürchten einen Machtzuwachs durch die demokratische Wahl der Mitglieder.

David Cameron startete als Hoffnungsträger
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"Mein Sandwich war furchtbar", tadelt ein Lord. "Ich habe mich für das zähe Fleisch vor meinem Gast geschämt", beschwert sich ein anderer, der das Geld für zwei "ungenießbare" Schweineschnitzel erstattet haben will. Der dritte Politiker klagt, dass er im subventionierten Restaurant des Oberhauses keinen chilenischen Rotwein serviert bekommt.

Die Rebellion der enttäuschten Feinschmecker im House of Lords am Wochenende kam zu einem kritischen Zeitpunkt für die britischen Gesetzgeber, die unter einem starken Vertrauensschwund der Wähler leiden. Zwei Jahre voller Skandale um manipulierte Spesenabrechnungen, verbotene Steuertricks und illegalen Lobbyismus haben Spuren im öffentlichen Bewusstsein hinterlassen.

Laut neuen Umfragen glauben zwei von drei Briten, von den Politikern permanent angelogen zu werden. Nur noch 26 Prozent der Bürger finden, dass ihr Parlament im nationalen Interesse arbeitet. Vor diesem Hintergrund fordern die Experten radikale Veränderungen, vor allem einen Umbau im überdimensionierten und elitären Oberhaus mit seinen nicht durch Wahl bestimmtenVertretern.

Regierungschef David Cameron will handeln. Die überfällige Reform des House of Lords steht an der Spitze der geplanten Gesetzesinitiativen, die am 9. Mai von Königin Elizabeth II. im Parlament verkündet wird. Das Vorhaben könnte die liberal-konservative Koalition sprengen.

Es ist 100 Jahre her, dass eine regierende liberale Partei versucht hat, das Oberhaus zu reformieren. Premierminister David Lloyd George nahm dafür 1910 eine Regierungskrise und Neuwahlen in Kauf, wonach das Oberhaus per Gesetz faktisch dem Unterhaus (House of Commons) unterstellt wurde. Seitdem haben sich zahlreiche Premiers an der weiteren Modernisierung der Kammer mit Adeligen, anglikanischen Bischöfen, Richtern und Vertretern der Parteien die Zähne ausgebissen.

1999 schaffte es der damalige Premier Tony Blair, die Mitgliederzahl des Oberhauses zu halbieren und die Zahl der erblichen Titel auf 92 zu senken. Acht Jahre später blockierten jedoch die Lords die kontroversen Labour-Pläne, wonach die meisten Mitglieder des Oberhauses in Zukunft gewählt und nicht von den Parteien ernannt werden sollten. Danach hat sich wenig bewegt — bis 2010 der liberaldemokratische Parteichef Nick Clegg seinen konservativen Partner David Cameron bei Koalitionsverhandlungen überzeugt hat, einen neuen Anlauf zu unternehmen.

So sieht Cleggs ideales Oberhaus aus: nicht mehr als 300 Lords, von denen 240 zeitgleich mit den Mitgliedern des Unterhauses für eine feste Zeit von 15 Jahren gewählt werden könnten. Wie heute sollen das Regierungslager und die Opposition die restlichen Sitze (außer den Kirchenvertretern) mit Fachleuten aus den unterschiedlichsten Gebieten besetzen dürfen, die geplante Gesetze prüfen und korrigieren werden.

Die Gegner der Reform befürchten, dass die Lords ab 2015 zu viel Einfluss bekommen und das Parlament durch die Konkurrenz zwischen beiden Kammern gelähmt werden könnte. Ein anderer verbreiteter Einwand: Ein mehrheitlich gewähltes Oberhaus wäre eine Kopie des Unterhauses und könnte weniger Experten aufbieten.

Die Lords versuchen, die Reform abzuspecken, und stoßen dabei auf den Widerstand der Regierung. Cameron hat allerdings die Konservativen dabei nicht geschlossen hinter sich — viele Parteifreunde warnen ihn, sich angesichts der Wirtschaftsmisere mit einer langwierigen Reform zu verzetteln.

(RP/sap)
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