Diktator mit Mörderhunden? Obskure Berichte über Nordkorea und Kim Jong Un

Peking · Blutrünstige Hunde als Hinrichtungskommando: Medien verbreiten eine Horrorgeschichte über Nordkorea. Dabei gibt es viele Zweifel am Wahrheitsgehalt. Journalisten ließen es an Sorgfalt mangeln, kritisiert eine Zeitung.

Ein ranghoher Politiker wird angeblich von 120 hungrigen Jagdhunden zerfleischt. Die Geschichte klingt so menschenverachtend und brutal, dass sie scheinbar nur zu einem Regime auf der Welt passt: Nordkorea. "Niemand weiß genau, was sich in dem Land abspielt", sagte kürzlich ein Diplomat einer westlichen Botschaft in Nordkorea beim Besuch in Peking. Und deshalb können sich auch die obskursten Geschichten mit wackeligen Quellen wie ein Lauffeuer international verbreiten.

Die Zeitung "Straits Times" aus Singapur brachte die Geschichte von den hungrigen Hunden am 24. Dezember in die englischsprachige Medienwelt. Das Opfer solle der bei Machthaber Kim Jong Un in Ungnade gefallene Onkel Jang Song Thaek gewesen sein.

Entgegen internationaler Berichte sei Jang Mitte Dezember bei seiner Hinrichtung nicht erschossen worden, sondern gemeinsam mit fünf engen Vertrauten 120 hungrigen Jagdhunden zum Fraß vorgeworfen worden. Die Tiere hätten drei Tage lang gehungert und die Männer daraufhin komplett zerfleischt. Eine Stunde habe der Todeskampf gedauert, und Kim Jong Un habe zugeschaut. Als Quelle dafür zitiert die Zeitung lediglich das Hongkonger Blatt "Wen Wei Po".

Die "Wen Wei Po" hatte am 12. Dezember zwar über die angeblich blutrünstige Hinrichtung von Jang Song Thaek berichtet. Zwei Tage später schrieb das Blatt jedoch, Jang Song Thaek sei vermutlich erschossen worden, und es habe nur Gerüchte über die 120 hungrigen Hunde gegeben.

Aber zahlreiche internationale TV-Sender und Zeitungen sprangen vor wenigen Tagen auf das Thema auf und berichteten von neuen Grausamkeiten in Nordkorea. Nur in wenigen Medien regten sich kritische Töne. In einem Blog der "Washington Post" schrieb der Autor Max Fischer am Freitag: "Die Tatsache, dass westliche Medien eine Geschichte, die sie bei jedem anderen Land zurückgewiesen hätten, so umfassend akzeptiert haben, sagt eine Menge über die Nordkorea-Berichterstattung."

Die "Wen Wei Po" gilt laut einer Studie als eine der unzuverlässigsten Zeitungen Hongkongs. Bei einer Erhebung der Chinese University in Hongkong landete sie auf Platz 19 von 21, wie die Zeitung "South China Morning Post" berichtete. Zudem hätte es die internationalen Journalisten stutzig machen können, dass weder Medien in China noch in Südkorea die Geschichte angerührt hätten, schrieb Fischer.

Kein Zweifel: Nordkorea geht brutal mit vielen seiner Menschen um. Amnesty International spricht von einer "verheerenden Menschenrechtslage", Millionen hungernden Menschen und rund 200.000 politischen Gefangenen. Aber im Fall von Nordkorea hätten manche Medien einfach alle Warnsignale vernachlässigt, kritisierte Fischer. "Wir sind bereit, alles zu glauben."

Der Nordkorea-Experte Sunny Seong Hyon Lee sagte vor einigen Wochen vor Journalisten in Peking: "Nordkoreas Regime ist weitgehend abgeschottet." Nicht einmal die internationalen Botschafter in Pjöngjang wüssten, was wirklich in dem Land passierte. Denn sie dürften nicht mit normalen Nordkoreanern reden, geschweige denn sich frei in dem Land bewegen. Auch die Diplomaten des engen Verbündeten China wüssten nicht immer genau, was Machthaber Kim Jong Un gerade plane.

(dpa)
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