Drama auf Autobahn in Österreich Tote Flüchtlinge werden erst am Freitag geborgen

Eisenstadt/Wien · In Österreich sind in einem Schlepperfahrzeug die Leichen von Flüchtlingen entdeckt worden. Das Fahrzeug war offenbar auf der Autobahn A4 südlich von Wien unterwegs gewesen. Die genaue Zahl der Toten bleibt weiter unklar. Die Ladefläche des Lkw solle erst am Donnerstagabend geöffnet werden, die Leichen dann bis zum Freitagvormittag geborgen werden.

Österreich: Lkw mit toten Flüchtlingen in entdeckt
10 Bilder

Lkw mit toten Flüchtlingen in Österreich entdeckt

10 Bilder
Foto: dpa

Das berichtete der burgenländische Landespolizeidirektor Hans Peter Doskozil am Donnerstag in Eisenstadt im Burgenland. Zuvor hatte die "Kronenzeitung" berichtet, dass bis zu 50 Menschen in dem Lkw umgekommen seien. "Wir können davon ausgehen, dass möglicherweise 20 Personen zu Tode gekommen sind, es können auch 40 bis 50 sein", hatte ein Polizeisprecher berichtet.

Doskozil sagte, er gehe davon aus, dass die Zahl von 20 Toten überstiegen werde. Er sprach weiter von bis zu 50 Toten. Laut Doskozil ist auch nach wie vor unklar, ob sich Frauen und Kinder unter den Opfern befinden. Der Lastwagen mit den Toten befindet sich der Polizei zufolge inzwischen in einer Veterinärgrenzdienststelle, in der es auch eine Kühlmöglichkeit gibt. Nach der Bergung sollten die Toten am Freitag nach Wien in die Gerichtsmedizin überstellt werden.

Parallel zur Untersuchung des Lastwagens nahm die Polizei die Fahndung nach den Schleusern auf, die den Lkw an der Autobahn in einer Pannenbucht abgestellt haben. Nach ersten Erkenntnissen sei der in Ungarn zugelassene Kühl-Lastwagen am Mittwochvormittag in der Nähe von Budapest gestartet und habe die Nacht im Grenzbereich zu Österreich verbracht. Wann genau der Lkw am Fundort abgestellt wurde, ist noch nicht klar. Offenbar hatte er aber bereits länger auf einem Pannenstreifen gestanden. Beamte der Autobahnpolizei hatten bemerkt, dass aus dem Fahrzeug Verwesungsflüssigkeit drang und den Lkw daraufhin geöffnet. Die Polizei in Ungarn entsandte laut Doskozil zwei Beamte zur Unterstützung nach Wien.

Merkel, Faymann und De Maizière bestürzt

Noch zum Auftakt der Westbalkan-Konferenz in Wien hat der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) am Morgen zu einem verstärkten Kampf gegen Schlepper aufgerufen. "Wir haben gemeinsam die Pflicht, etwa jene, die an diesem Leid auch noch verdienen, in die Schranken zu weisen", sagte Faymann mit Blick auf den Flüchtlingsstrom gerade auf dem Balkan.

Auch in dieser Frage seien eine gemeinsame Haltung und ein gemeinsames Vorgehen der EU nötig. "Jeder ganz allein, erst recht gegen den Anderen, werden wir diese Herausforderung nicht lösen können." Österreich ist wie Deutschland von der Flüchtlingsproblematik besonders betroffen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich erschüttert von der Flüchtlingstragödie gezeigt. "Das mahnt uns, das Thema der Migration schnell und im europäischen Geist, das heißt im Geist der Solidarität, anzugehen und auch Lösungen zu finden", sagte Merkel zum Abschluss der Westbalkan-Konferenz am Donnerstag in Wien. Sie sei aber der festen Überzeugung, dass Europa als reicher Kontinent in der Lage sei, die Flüchtlingskrise zu bewältigen.

Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich zutiefst erschüttert geäußert. "Dass dort viele, viele Menschen ersticken, weil verbrecherische Schleuser an diesen Menschen und unwürdigen Transportbedingungen Geld verdienen, macht mich wütend und fassungslos", sagte de Maizière am Donnerstag in Nürnberg. Er bot den österreichischen Behörden deutsche Hilfe an, um Täter und Hintermänner zu fassen.

De Maizière betonte bei seinem Besuch um Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zudem, das Drama verdeutliche die "Dringlichkeit", mit der die EU ihre Verfahren wegen der zahlreichen Flüchtlinge ändern müsse. So sei es wichtig, in den Hauptankunftsländern Italien und Griechenland große Aufnahmezentren einzurichten. Damit könne ein "wildes Verteilen durch Schlepper" in Europa verhindert werden, sagte de Maizière. Diese "Hotspots" müssten "bis spätestens Ende des Jahres funktonieren", forderte er.

Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sagte, der tragische Fall zeige, wie notwendig es sei, Menschenleben zu retten, indem das Schlepperwesen bekämpft werde.

(dpa / reu / afp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort