Regierungskrise ÖVP für vorgezogene Neuwahlen in Österreich

Wien · In Österreich finden voraussichtlich im Herbst vorgezogene Parlamentswahlen statt: Der designierte ÖVP-Vorsitzende, Außenminister Kurz, will der SPÖ das Ende der Koalition vorschlagen. Kanzler Kern warnt vor den Folgen.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) kündigte am Sonntag an, dass er Kanzler Christian Kern (SPÖ) am Montag ein einvernehmliches Ende des Bündnisses vorschlagen werde. "Ich hoffe sehr, dass dieses Angebot angenommen wird." Der 30-Jährige Kurz war zuvor einstimmig vom ÖVP-Bundesvorstand als neuer Parteichef nominiert worden.

Er strebt Neuwahlen im Frühherbst an. Dabei will er unter einer eigenständigen Plattform "Liste Sebastian Kurz — die neue Volkspartei" mit ÖVP-Unterstützung kandidieren. Das hatte er zur Bedingung gemacht, bevor er sich bereit erklärte, den ÖVP-Vorsitz zu übernehmen.

"Die Konsequenzen werden erhebliche sein"

Der Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern warnte am Sonntag dagegen noch einmal vor den Folgen eines Zerfalls der Koalition. Damit würde den in Umfragen hoch gehandelten Rechtspopulisten der FPÖ der rote Teppich ausgerollt, sagte der 51-Jährige im ORF-Fernsehen. "Die Konsequenzen werden erhebliche sein."

Das rot-schwarze Bündnis regiert seit Ende 2013. Damals hatten SPÖ und ÖVP trotz erheblicher Stimmenverluste noch einmal knapp eine gemeinsame Mehrheit von 50,8 Prozent erreicht. Der nächste reguläre Wahltermin ist erst im Herbst 2018. Das Parlament muss einem Antrag auf vorgezogene Neuwahlen zustimmen. Die Zustimmung der SPÖ dürfte wohl nur eine Frage der Zeit sein.

Die Zusammenarbeit der beiden Volksparteien war von ständigen Querelen und gegenseitigen Schuldzuweisungen überschattet. Zuletzt war der Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner — entnervt vom Koalitionszwist und von parteiinternen Machtspielen — von allen Ämtern zurückgetreten.

Kanzler Kern hatte im Januar 2017 die ÖVP ultimativ zu einer besseren Zusammenarbeit aufgefordert und seinerseits mit einem Ende der Koalition gedroht. Kurz wiederum sagte erst am Freitag, ein vorzeitiges Ende der rot-schwarzen Koalition sei der einzig richtige Weg, um den Dauerwahlkampf im Land zu beenden. Nur ein von den Wählern legitimierter politischer Neuanfang könne dauerhafte Sacharbeit möglich machen.

(wer/AFP/dpa/REU)
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