Machtkampf in Ägypten Opposition sieht Fälschungen bei Referendum

Kairo · Nach der ersten Runde des Verfassungsreferendums in Ägypten hat die Auszählung der Stimmen begonnen. Die Opposition warf der islamistischen Muslimbruderschaft am Samstag eine Verfälschung der Abstimmung vor. Sie zweite Runde findet am kommenden Samstag statt, Ergebnisse sollen erst am kommenden Wochenende bekannt gegeben werden.

Ägypter stimmen über Verfassungsänderung ab
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Ägypter stimmen über Verfassungsänderung ab

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Auf der Grundlage noch sehr unvollständiger nicht-amtlicher Zahlen sprachen die Muslimbruderschaft und mehrere Medien von einer sich abzeichnenden Zustimmung zu dem Verfassungstext; diese liege bei etwa 70 Prozent. Die Opposition widersprach dieser Darstellung umgehend. Ihren Angaben zufolge zeigten die vorläufige Ergebnisse der ersten Runde, dass 66 Prozent den Entwurf ablehnten.

Begleitet wurde die Abstimmung von Manipulationsvorwürfen. Das Oppositionsbündnis Nationale Heilsfront sprach am Samstag von unversiegelten Wahlurnen mit Stimmzetteln und weit verbreiteter Beeinflussung der Wähler. "Das Ausmaß der Manipulationen zeigt den klaren Willen der Muslimbrüder, den Willen der Wähler zu verfälschen, um die Verfassung der Bruderschaft durchzubringen", erklärte die Heilsfront, in der die wichtigsten liberalen und säkularen Oppositionsparteien zusammengeschlossen sind.

Den Oppositionsangaben zufolge riefen Muslimbrüder in einigen Wahllokalen auf, mit Ja zu stimmen. Zudem hätten sie Zucker, Öl und Tee an die Wähler verteilt. In allen zehn Provinzen, in denen am Samstag abgestimmt wurde, habe es ähnliche Unregelmäßigkeiten gegeben, erklärte das Bündnis. Die Heilsfront rief dazu auf, mit Nein zu stimmen. Von einem zuvor angedrohten Boykott sah das Parteienbündnis ab.

Zweiter Wahlgang nächsten Samstag

Die Wahllokale öffneten am Samstag in zehn Provinzen, darunter die Großstädte Kairo und Alexandria. Die anderen 17 Provinzen stimmen am kommenden Samstag ab. Insgesamt sind 51,3 Millionen Ägypter zur Stimmabgabe aufgerufen. Nachdem es vor der Abstimmung Unruhen gegeben hatte, blieb es am Samstag nach Behördenangaben zunächst ruhig.

Vor den Wahllokalen bildeten sich am Morgen noch vor der Öffnung lange Schlangen. Ursprünglich sollten die Wahllokale um 19.00 Uhr schließen, die Wahlkommission ordnete jedoch kurzfristig wegen des großen Andrangs eine Verlängerung bis 21 Uhr an. In ägyptischen Botschaften im Ausland wurde die Abstimmung um zwei Tage bis Montag verlängert.

Präsident Mohammed Mursi gab in Kairo als einer der ersten seine Stimme ab, ohne sich öffentlich zu äußern, wie im Staatsfernsehen zu sehen war. Die Abstimmung wird zum Teil auch als Votum über den Staatschef verstanden, der aus den Reihen der islamistischen Muslimbrüder stammt und den im Eilverfahren verabschiedeten Verfassungsentwurf maßgeblich unterstützte. Die Opposition lehnt den von der Verfassungsversammlung geschrieben Entwurf ab, weil dieser die Handschrift der Islamisten trägt.

Kurz vor Beginn des Referendums gab es am Freitag neue Zusammenstöße in Alexandria, bei denen mindestens 23 Menschen verletzt wurden. Die Demonstranten belagerten stundenlang eine Moschee, in der ein Prediger für den Verfassungsentwurf geworben hatte.

(AFP/felt)
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