Eine Konservative mischt die USA auf Palin mobilisiert Frauen gegen Obama

Washington (RP). Die kampfeslustige Republikanerin aus Alaska ist für Amerikas Konservative "Sarah Superstar". In ihrer eigenen Partei mischt sie die Reihen graugesichtiger Obama-Herausforderer kräftig auf und vergleicht sich mit einer Grizzly-Bärin. Palin setzt auf die Stimmen weiblicher Wähler.

2009: So meldet sich Sarah Palin zurück
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Pitbull mit Lippenstift, das war einmal. Sarah Palin benutzt sie nicht mehr, die Metapher, mit der sie klarstellen wollte, dass sie zwar Wert auf dezentes Make-up legt, aber vor allem eine Kämpferin ist. Jetzt hat sie die Grizzly-Bärin als Vorbild entdeckt, Mama Grizzly, die sich zu imposanter Größe aufrichtet, um jeden in die Flucht zu schlagen, der ihre Jungen bedroht.

"Hey, mit den Grizzly-Mamas wollt ihr euch wirklich nicht anlegen!", ruft Palin in einem Kampagnen-Video und preist die "konservativen Frauen mit gesundem Menschenverstand". Zur Illustration marschieren besorgte Mütter, in den Händen Plakate mit einfachen Parolen: "Arbeite hart! Zahle deine Rechnungen selbst!" Es geht gegen den Schuldenstaat, gegen die Demokraten von Präsident Barack Obama, die die Wirtschaft mit Konjunkturpaketen ankurbeln und denen Palin allzu populistisch vorwirft, dies auf Kosten der Kinder zu tun. Die erwachenden Mütter, orakelt sie, würden bald in Schwung kommen, schon bei den Kongresswahlen im November.

Es liegt wie immer, wenn die Glamour-Lady der Konservativen ihre Botschaften verkündet, viel Pathos in dem, was sie sagt. Und wie immer sorgt es für Furore. Geschickt versteht es Palin, immer dann neue Schlagzeilen zu produzieren, wenn ihr Ruhm zu verblassen beginnt.

So war es bereits vor zwölf Monaten. Da schien ihre Karriere am Ende, die Berater des republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain, an dessen Seite sie ins Duell ums Weiße Haus gezogen war, zeichneten verärgert das Bild einer selbstverliebten Diva, der die Kleider gar nicht teuer genug sein konnten und die Jets nicht exklusiv genug. Überraschend trat sie ein halbes Jahr nach dem Wahlsieg Obamas als Gouverneurin von Alaska zurück. Als alle Welt sie schon abschreiben wollte, gelang ihr ein eindrucksvolles Comeback.

Mit ihrem Memoirenband "Going Rogue" tingelte Palin durch die Provinz. Als das Interesse an ihren Erzählungen nachließ, entdeckte sie den Charme der Tea-Party-Bewegung. Im Bunde mit den Rebellen, die einen schlanken Staat predigen und Amerika am liebsten so hätten, wie es 1776 unter George Washington war, kann auch die einstige Kleinstadt-Bürgermeisterin punkten.

Eben noch belächelt als spleenige Außenseiterin, fühlt sie sich mittlerweile als Königsmacherin. In South Carolina rechnet sich Nikki Haley, eine wie aus dem Nichts aufgestiegene Tochter indischer Sikhs, beste Chancen auf den Gouverneurssessel aus, seit sie von Palin empfohlen wurde. In Kalifornien gewann Carly Fiorina, Ex-Chefin von Hewlett-Packard, mit Unterstützung Palins den parteiinternen Ausscheid für die Senatswahl.

Das Muster ist überall das gleiche: Zupackende Politikerinnen sollen das konservative Establishment aufmischen, eine Herrenrunde mit blassen Figuren, die gegen Obamas Charisma wirken wie graue Mäuse. Die aufwachenden Mütter eben, trainiert von "Sarah Superstar".

Und die Diva selber? Liebäugelt sie mit dem Oval Office? Die Meinungsforscher von Gallup haben ihre Erfolgschancen getestet, heraus kam eine Momentaufnahme voller Widersprüche. Palin motiviert, Palin polarisiert.

Einerseits kann ihr keine(r) das Wasser reichen, wenn es darum geht, die eigene Basis zu mobilisieren. Drei Viertel aller Republikaner können sich für sie begeistern, für ihr resolutes Nein zum Abtreibungsrecht, für ihre Überzeugung, dass es neben "God's Own Country" nichts Vergleichbares gibt auf der Welt. Andererseits haben 47 Prozent der US-Bürger eine negative Meinung von ihr. Kurzum, das Amerika der Provinz vergöttert die Jeanne d'Arc aus Alaska, während das Amerika der Metropolen die Nase rümpft über die Elchjägerin, die nicht weiß, warum Korea in zwei Staaten geteilt ist. Kalt lässt die Dauerrednerin jedenfalls keinen, zumal ihr Privatleben Stoff für abendfüllende Seifenopern bietet.

Da ist die Fehde mit Levi Johnston, der erst der nette Schwiegersohn war, dann der undankbare Fiesling, der sie als Hausdrachen beschrieb. Zu früh ins Scheinwerferlicht gewirbelt, trennte sich der Naturbursche von Palins ältester Tochter Bristol. Jetzt folgt die Rolle rückwärts. Seit ein paar Wochen sind die beiden, die ein gemeinsames Kind haben, wieder zusammen, wobei Levi seine Schwiegermutter in spe öffentlich um Verzeihung bitten musste.

Also, Sarah fürs Oval Office? Dass sie fleißig Spenden sammelt, allein im vergangenen Vierteljahr 866 000 Dollar, gilt manchem als Fingerzeig. "Sie füllt die Kriegskasse für 2012", glaubt das Magazin "Time".

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