Nato- und EU-Minister beraten über Libyen Paris erkennt Gaddafi-Gegner als Vertreter Libyens an

Berlin (RPO). Frankreich erkennt als erstes Land den oppositionellen Nationalrat als "rechtmäßigen Vertreter" Libyens an. Das teilte das Präsidialamt in Paris am Donnerstag mit. Bundesaußenminister Guido Westerwelle hält dieses Vorgehen für verfrüht.

Libyen versinkt im Bürgerkrieg
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Frankreich kündigte am Donnerstag an, der libysche Übergangsrat, der sich in der östlichen Stadt Bengasi formierte, werde offiziell anerkannt und Botschafter würden ausgetauscht. Es handele sich um eine "politische Geste", hieß es aus Pariser Diplomatenkreisen.

Präsident Nicolas Sarkozy hatte zuvor als erster Staatschef zwei Vertreter des libyschen Nationalrates empfangen.

"Bevor man solche politischen Schritte unternimmt, muss man natürlich auch erst einmal wissen, mit wem man es tatsächlich zu tun hat", sagte hingegen Westerwelle am Donnerstag in Brüssel, wo Nato- und EU-Minister über die Lage in Libyen beraten. Deswegen habe UN-Generalsekretär Ban Ki Moon einen Sonderbeauftragten benannt. Die Sondierungen müssten erst einmal stattfinden.

Aus Berliner Diplomatenkreisen wurde darauf verwiesen, dass der Schritt "völkerrechtlich nicht von Relevanz sei". Auch bei der EU betonte man, man könne Staaten anerkennen, aber keine Gruppen oder Regierungen.

Bedenken gegen Flugverbotszone

Vor dem Treffen der Minister in Brüssel wurden Bedenken gegen die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen geäußert. Am Mittag wollen die EU-Außenminister bei einer Sondersitzung in Brüssel über das weitere Vorgehen gegen Libyens Herrscher beraten. Das Treffen soll den für Freitag geplanten EU-Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs zur dramatischen Lage in dem nordafrikanischen Staat vorbereiten. Die Nato-Verteidigungsminister wollten am Donnerstagnachmittag zusammenkommen.

Der Generalsekretär der Militärallianz, Anders Fogh Rasmussen, hatte am Mittwoch einer Flugverbotszone vorerst eine Absage erteilt, aber ein solches militärisches Vorgehen nicht gänzlich ausgeschlossen. Das Militärbündnis plane "für alle Eventualitäten", man "ziele aber nicht darauf ab, in Libyen einzugreifen", betonte er in Brüssel. Stattdessen sollen entlang der Küste des Landes verstärkt Aufklärungsflugzeuge patrouillieren.

Abstimmung mit arabischen Staaten

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer, hält eine international überwachte Flugverbotszone nur für denkbar, sollten die arabischen Nachbarstaaten einen Beschluss der Vereinten Nationen mittragen. "Eine Flugverbotszone macht nur Sinn, wenn man sie auch durchsetzen kann. Sie muss daher auf einer völkerrechtlichen Grundlage stehen und mit Libyens Nachbarstaaten und mit der Arabischen Liga abgestimmt werden", sagte der FDP-Politiker gegenüber unserer Redaktion.

Skeptisch reagierte er auf die Forderung des Europäischen Parlaments, Libyens Übergangsregierung anzuerkennen. "Ich halte die Situation noch für zu unübersichtlich, um zu entscheiden, wie man förmlich vorgehen sollte", sagte Hoyer der "Frankfurter Rundschau". Die Strukturen einer neuen Exekutive seien "noch nicht klar". Das Parlament wollte im Laufe des Tages eine fraktionsübergreifende Resolution verabschieden. In dem Entwurf heißt es, dass die EU Beziehungen zum libyschen Übergangsrat aufnehmen "und damit beginnen sollte, diesen Prozess zu formalisieren".

Kampfjets von Kriegsschiffen aus starten

Der außenpolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europaparlament, Elmar Brok, pochte hingegen auf die möglichst schnelle Einrichtung einer Flugverbotszone, wenn die Arabische Liga zustimme. Die Welt könne nicht zusehen, wie das Gaddafi-Regime die eigene Bevölkerung abschlachte, sagte der CDU-Politiker im ZDF-"Morgenmagazin". Brok schlug konkret vor, Kampfjets von Kriegsschiffen aus abzuschießen, um die libysche Armee von weiteren Bombardierungseinsätzen abzuhalten.

Der Chef der oppositionellen libyschen Gegenregierung, Mustafa Abd al-Dschalil, sprach sich ebenfalls für eine Flugverbotszone aus, lehnte den Einsatz ausländischer Bodentruppen aber ab. "Wir hoffen, dass die Flugverbotszone oder eine ähnliche Maßnahme verhängt wird, die Gaddafi daran hindert, unsere Leute zu töten", appellierte der ehemalige Justizminister Gaddafis in der "Welt" an die internationale Gemeinschaft. "Aber wir wollen keine ausländischen Soldaten in Libyen", betonte der Vorsitzende des Libyschen Nationalen Übergangsrates. Das oberste Gremium der verschiedenen Oppositionskräfte hat seinen Sitz in der von Rebellen eroberten ostlibyschen Stadt Bengasi.

(apd/AFP)
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