Kiew Poroschenko offen für Referendum in der Ostukraine

Kiew · Überraschende Wende in Kiew: Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat seinen Widerstand gegen eine Volksabstimmung über mehr Autonomie für die abtrünnigen Regionen im Osten des Landes aufgegeben.

Petro Poroschenko als neuer Präsident der Ukraine vereidigt
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Foto: afp, ss/MRA

Falls der mit Verfassungsänderungen betraute Ausschuss des Parlaments ein solches Referendum für nötig halte, werde er sich dem nicht in den Weg stellen, sagte Poroschenko am Montag. Die prorussischen Rebellen bezeichneten das Einlenken des Präsidenten als bedeutungslose Geste.

Rebellensprecher Andrej Purgin sagte der Nachrichtenagentur AP, dass das Angebot viel zu wenig weit gehe. Er betonte, dass kein einziger Vertreter der Separatisten in der Verfassungskommission sitze. "Das sagt schon vieles." Die Regierung in Kiew diktiere die Bedingungen ihrer selbst erzielten Einigungen den Separatisten und verletze damit das Friedensabkommen von Minsk. "Poroschenkos Erklärung bedeutet gar nichts", sagte Purgin weiter.

Die ukrainische Regierung hatte ein Referendum über mehr Autonomie im Osten des Landes öffentlich bisher immer abgelehnt. Poroschenko betonte am Montag, dass er nach wie vor gegen die Föderalisierung sei, die von Russland gefordert wird, dass er sich aber eine Dezentralisierung zugunsten der Regionen vorstellen könne. Kernbereiche wie Sicherheit, Verteidigung und Außenpolitik müssten aber weiter von Kiew aus gelenkt werden, sagte er nach einem Treffen mit Mitgliedern des Verfassungsausschusses.

Poroschenkos Antrittsbesuch bei Merkel und Gauck
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Der Präsident wandte sich zudem weiter gegen die Etablierung von Russisch als zweite Amtssprache. "Ukrainisch war und wird unsere einzige Staatssprache sein." Purgin betonte, dass Poroschenkos Beharren bei diesem Thema deutlich mache, dass er nicht auf die Stimme des Ostens höre. "Wir sprechen hier Russisch."

Der Donbass, die Industrieregion im Osten der Ukraine, war die Machtbasis des im vergangenen Jahr gestürzten russlandtreuen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Nach seiner Vertreibung kam es dort zu Kämpfen prorussischer Rebellen gegen Regierungstruppen, durch die nach UN-Angaben mehr als 6000 Menschen getötet wurden. Mehrere Monate nach Beginn der Kämpfe erhöhten die Separatisten ihre Forderungen von mehr Autonomie zu einem unabhängigen Staat.

Seit dem Abschluss des Minsker Friedensabkommens im Februar gingen die Kämpfe in der Region zurück. Allerdings gab es zuletzt Streit darüber, ob es in den besetzten Gebieten Kommunalwahlen nach ukrainischem Recht geben soll oder nicht. Ministerpräsident Arseni Jazenjuk erklärte am Montag, sowohl Separatisten als auch Russland hätten in Minsk den Wahlen zugestimmt. Allerdings beschloss das Parlament in Kiew im März, dass die Ostukraine erst nach den Wahlen einen Sonderstatus mit mehr Autonomie bekommen soll, was Russland und die Rebellen als Bruch der Vereinbarung ansehen.

Eindrücke vom Minsker Friedensgipfel
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Jazenjuk lehnte am Montag auch jegliche direkte Gespräche mit den Separatisten ab. "Wenn wir über einen Dialog mit dem Osten sprechen, meinen wir einen Dialog mit den rechtmäßig gewählten Vertretern des Ostens, nicht mit russischen Verbrechern und Terroristen", sagte er.

Die Ukraine und der Westen werfen Russland vor, die Rebellen mit Waffen, Ausrüstung und regulären Soldaten zu unterstützen. Moskau bestreitet das.

(ap)
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