Polen, Balten und Skandinavier Nachbarländer von Russland rüsten auf

Warschau · Seit der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim und angesichts der Unterstützung Moskaus für die prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine rüsten Polen, Balten und Skandinavier massiv auf.

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Foto: AP

Besonders die baltischen Staaten, in denen große russische Minderheiten leben, sind besorgt wegen der neuen aggressiven Außenpolitik Moskaus. Mit der Aufrüstung ihrer Armeen wollen sie Russland von einer Wiederholung des Krim-Szenarios abschrecken, bei dem russische Soldaten strategisch wichtige Punkte besetzten, um die Annexion vorzubereiten.

Die Nato-Mitglieder Polen, Estland, Lettland und Litauen organisieren vermehrt Manöver mit anderen Bündnispartnern, um ihre Wehrfähigkeit zu demonstrieren. Zudem wurden die Nato-Patrouillen im Grenzgebiet zu Russland intensiviert. Die Staaten der Allianz, allen voran die USA, stationierten dafür weitere Kampfflugzeuge und Einheiten in den Ländern. Am Dienstag und Mittwoch besucht Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) das Baltikum, um über eine Verstärkung der Kooperation zu sprechen.

Polen bemühte sich bereits vor der Ukraine-Krise um die Modernisierung seiner Streitkräfte. Bis zum Jahr 2014 wurde das Verteidigungsbudget auf 7,7 Milliarden Euro angehoben. Dies entspricht 1,95 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), was knapp unter der Zwei-Prozent-Schwelle liegt, welche die Nato-Länder anstreben. In den kommenden Jahren plant Warschau weitere Investitionen in Milliardenhöhe.

Mit der Abschaffung der Wehrpflicht wurde die Armee im Jahr 2010 zur Berufsarmee. Zu 100.000 Soldaten kommen noch 20.000 Reservisten hinzu. An der Grenze zur russischen Exklave Kaliningrad baut Polen mehrere bis zu 50 Meter hohe Wachtürme.

In Litauen wurde das Militärbudget für das laufende Jahr auf 1,1 Prozent des BIP erhöht und beträgt nunmehr 425 Milliarden Euro. Mitte März stimmte das Parlament in Vilnius in erster Lesung für die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Die Streitkräfte verfügen derzeit über 8000 Soldaten, hinzu kommen 4500 Freiwillige paramilitärischer Organisationen. Im vergangenen Jahr kaufte Litauen von Polen tragbare Luftabwehrraketen, aus den USA sollen Panzerabwehrraketen und aus Deutschland die Panzerhaubitze 2000 folgen.

Auch Lettland erhöhte seinen Verteidigungshaushalt für das Jahr 2015 auf ein Prozent des BIP und will 2018 zwei Prozent erreichen. Das Militär verfügt über 4600 Berufssoldaten, bis 2018 soll ihre Zahl auf 6600 steigen. In der Nationalgarde sind rund 8000 Reservisten organisiert, bis 2020 will die Regierung ihre Zahl auf 12.000 erhöhen.

In Estland übersteigt das Militärbudget mit derzeit 412 Millionen Euro bereits die Zweiprozentmarke. Die Armee zählt 3000 Berufssoldaten und weitere 3000 Wehrpflichtige. In der sogenannten Verteidigungsliga sind weitere 15.000 Paramilitärs organisiert, die meisten davon Freiwillige. Ende Dezember erwarb Tallinn von den Niederlanden 44 Panzer vom Typ CV90.

Das neutrale Schweden gab im Jahr 2013 1,1 Prozent des BIP für seine Verteidigung aus. In diesem Jahr sollen die Militärausgaben um 5,3 Prozent steigen. Vor dem Hintergrund des russischen Vorgehens in der Ukraine wird in Stockholm über einen Beitritt zur Nato diskutiert. Angesichts verstärkter Marineaktivitäten Moskaus in der Ostsee kündigte die Regierung an, die Truppen auf der strategisch wichtigen Insel Gotland zu verstärken.

Auch im neutralen Finnland erwägen einige Politiker einen Nato-Beitritt. Das Land, das eine lange Grenze zu Russland hat und im 20. Jahrhundert mehrere Kriege gegen den großen Nachbarn führte, reduzierte seine Verteidigungsausgaben dieses Jahr allerdings leicht auf 2,7 Milliarden Euro, was 1,3 Prozent des BIP entspricht.

Norwegen, das im Gegensatz zu seinen skandinavischen Nachbarn der Nato angehört, gab im Jahr 2013 1,4 Prozent des BIP für Verteidigung aus. Im laufenden Jahr sollen die Militärausgaben um 5,6 Prozent steigen. Kürzlich fand im hohen Norden Norwegens nahe der russischen Grenze ein großangelegtes Militärmanöver ab, an dem mehr als 5000 Soldaten teilnahmen.

(AFP)
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