Polen Präsident Duda stimmt Teil der Justizreformen zu

Warschau · Der polnische Präsident Duda hatte zwei Teile der umstrittenen Justizreformen der Regierung per Veto gestoppt. Nun hat er einen ebenfalls umstrittenen dritten Teil unterzeichnet – trotz Protesten und Warnungen der EU-Kommission.

 Polens Präsident Andrzej Duda.

Polens Präsident Andrzej Duda.

Foto: rtr, IK

Der polnische Präsident Duda hatte zwei Teile der umstrittenen Justizreformen der Regierung per Veto gestoppt. Nun hat er einen ebenfalls umstrittenen dritten Teil unterzeichnet — trotz Protesten und Warnungen der EU-Kommission.

Nach dem überraschenden Stopp zweier umstrittener Justizreformen per Veto hat Polens Präsident Andrzej Duda einer weiteren Reform der nationalkonservativen Regierung zugestimmt. Dies bestätigte am Dienstag der Vizechef der Präsidentenkanzlei Pawel Mucha im polnischen Radio. "Sie ist unterschrieben, sie wird in Kraft treten." Dass Duda die Reform der normalen Gerichte unterschreiben werde, hatte seine Kanzlei bereits angekündigt.

Erst am Montag hatte Duda gegen die umstrittenen Reformen zum Obersten Gericht und des über die Unabhängigkeit der Justiz wachenden Landesrichterrats (KRS) unerwartet Veto eingelegt. Damit reagierte er auf Proteste Tausender Menschen sowie Sanktionsdrohungen der EU-Kommission.

Allerdings sieht Brüssel die Unabhängigkeit der Justiz auch durch die nun von Duda gebilligte Reform bedroht. Kritiker warnen mitunter vor dem Einfluss des Justizministers auf Richter und Gerichte. Durch die nun unterzeichnete Novelle wird er unter anderem Gerichtsvorsitzende durch neue Kandidaten ersetzen können. Brüssel warnte sogar mit einem Stimmrechtsentzug.

Die von Duda gestoppten Gesetzen hatten die größten Kontroversen verursacht. Experten äußerten Sorge zu ihrer Verfassungswidrigkeit. Die Novellen sollte es der Regierung ermöglichen, Richter des Obersten Gerichts in den Ruhestand zu schicken und ihre Posten neu zu besetzen.

Die Richterposten in dem Landesrichterrat sollten ebenfalls neu besetzt werden. Kritiker fürchteten, dass ein befangenes Oberstes Gericht sogar Wahlen für ungültig erklären könnte. Mühelos hatten die Reformen das Parlament passiert, in dem die Regierungspartei PiS mit absoluter Mehrheit regiert. Duda kündigte nun an, eigene verfassungskonforme Entwürfe auszuarbeiten.

Das Machtwort des Präsidenten, der aus Reihen der PiS stammt, hatte die Reform-Gegner freudig überrascht. Opposition und demonstrierende Bürger feierten den Stopp der umstrittenen Gesetze als Erfolg der Straße. Zehntausende Menschen hatten in den letzten Tagen vor dem Warschauer Präsidentenpalast, dem Obersten Gericht sowie in zahlreichen weiteren polnischen Städten protestiert.

"Wir sind die Verfassung", riefen sie bei anhaltenden Kundgebungen vor dem Präsidentenpalast, bei denen sie Duda aufforderten, auch das letzte Gesetz abzulehnen. "Die Proteste für ein drittes Veto sind sinnlos, der Präsident hat das Gesetz bereits unterschrieben", erteilte ihnen Mucha eine Absage. Die Reform der allgemeinen Gerichte sei aus Sicht der Bürger die wichtigste Justizreform, sagte er.

Dudas Entscheidung hatte die Anhänger von PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski kalt erwischt - sie waren sich der Unterschrift des Staatsoberhaupts, dessen Wahlkampf 2015 von ihnen unterstützt worden war, sicher. In der Warschauer Partei-Zentrale berief man eine mehrstündige Krisensitzung ein.

Schließlich gab Regierungschefin Beata Szydlo Dudas Veto am Abend kontra: "Wir werden nicht zurückrudern", teilte die Ministerpräsidentin in einer Ansprache mit. Die Justiz funktioniere schlecht. Das Veto des Präsidenten habe die Arbeiten an der Reform bloß verlangsamt, meinte die PiS-Politikerin.

Die Änderungen seien den Wählern versprochen worden und würden dringend gebraucht. Die Nationalkonservativen argumentieren, die Justiz sei seit dem Ende des Kommunismus 1989 nicht reformiert worden und die Richter größtenteils korrupt.

Die Juristen betrachteten sich als "elitäre Kaste", dadurch fühlten sich die einfachen Polen ungerecht behandelt, meint die PiS, die sich als Vertreter der "kleinen Leute" sieht und vor allem in ländlichen Regionen Rückhalt hat. Die bis September dauernde Sommerpause des Parlaments wollten die Nationalkonservativen nach dem Veto aber nicht unterbrechen. Man werde auf Dudas Vorschläge warten, hieß es aus PiS-Reihen.

(csr/dpa)
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