Sondergipfel Postenstreit an der EU-Spitze

Brüssel/Meseberg (RPO). Beim EU-Sondergipfel droht am Donnerstag Streit um die neu zu besetzenden Spitzenposten. Aus dem Umfeld des schwedischen EU-Ratsvorsitzes verlautete am Mittwoch in Brüssel, die Staats- und Regierungschefs seien weit von einem Konsens entfernt, wer ständiger EU-Ratspräsident und wer Außenvertreter werden solle. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte ein gemeinsames Vorgehen mit Frankreich an.

EU sucht ständigen Ratspräsidenten und "Außenminister"
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Der schwedische Regierungschef Fredrik Reinfeldt, der zur Zeit den EU-Vorsitz innehat, will bei dem Abendessen mit seinen 26 Kollegen zwei Anwärter für die neuen Spitzenposten küren, die der Vertrag von Lissabon zum 1. Dezember schafft. Ein dem Ratsvorsitz nahestehender EU-Vertreter sprach von sehr schwierigen Verhandlungen. "Wir haben immer noch keinen Konsens über die beiden Posten", sagte er. "Die Schwierigkeit der Aufgabe ist unterschätzt worden."

Trotz mehrwöchiger Konsultationen Reinfeldts mit den Hauptstädten ist immer noch eine Vielzahl von Namen im Gespräch. Beim EU-Außenministerrat am Montag berichteten Teilnehmer von bis zu 20 Kandidaten, die für den auf zweieinhalb Jahre zu ernennenden Ratspräsidenten und den neuen EU-"Außenminister" genannt würden. Gefordert wird ein Gleichgewicht zwischen kleinen und großen Staaten, Ost und West sowie Nord und Süd.

Sozialdemokrat soll Außenvertreter werden

Für den Ratspräsidenten als künftigen Vorsitzenden der EU-Gipfel ist unter anderen der konservative belgische Regierungschef Herman Van Rompuy im Gespräch. Für den Außenvertreter wird ein Sozialdemokrat gesucht. Seit der Absage des britischen Chefdiplomaten David Miliband werden dem Italiener Massimo D'Alema die größten Chancen zugerechnet.

Merkel kündigte nach der Klausurtagung der Regierung im brandenburgischen Meseberg an, sie wolle bei dem Sondergipfel gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy vorgehen. Das Auswärtige Amt dementierte zugleich Berichte belgischer Medien, der Christdemokrat Van Rompuy sei Merkels Favorit für den Posten des Ratspräsidenten. Dies sei "unzutreffend", hieß es in einer in Brüssel verbreiteten Erklärung. Der Kandidat müsse im Konsens gekürt werden.

Zugleich wurde der Ruf nach einer Frau für eines der beiden Spitzenämter lauter. Rund zwei Dutzend Europa-Parlamentarierinnen demonstrierten in Brüssel mit Krawatten und dunklen Anzügen für mehr Gleichberechtigung. "Frauen werden nicht ernst genommen", kritisierte die Ko-Vorsitzende der europäischen Grünen, Rebecca Harms.

Weibliche Kandidaten haben wenig Chancen

Weiblichen Kandidaten werden im Rennen um die Spitzenposten nur Außenseiterchancen eingeräumt. Lettland hat für den Ratsvorsitz die frühere Präsidentin Vaira Vike-Freiberga nominiert, als mögliche Außenvertreterin wird die britische EU-Handelskommissarin Catherine Ashton genannt. Vike-Freiberga hat jedoch noch nie an einem EU-Gipfel teilgenommen, Ashton hat keine Erfahrungen auf diplomatischem Parkett.

Dem designierten deutschen EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) werden unterdessen gute Chancen auf einen Wirtschaftsposten eingeräumt, wie ihn Merkel fordert. Der scheidende baden-württembergische Ministerpräsident könnte laut EU-Vertretern das Ressort des deutschen Industriekommissars Günter Verheugen (SPD) übernehmen oder aber Energiekommissar werden. Die Posten sollen erst nach dem Sondergipfel verteilt werden. Oettinger könnte sein Amt dann im Februar nach Anhörung durch das EU-Parlament antreten.

(AFP/awei)
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