EU-Gipfel: Etappensieg für Merkel Private Gläubiger sollen bei Krisen mithaften

Brüssel (RPO). Etappensieg für Kanzlerin Merkel auf dem EU-Gipfel: Am frühen Freitagmorgen gab sie bekannt, dass sich die Staaten beim EU-Gipfel auf eine begrenzte Änderung des Lissabon-Vertrages geeinigt hätten. Eine Einbeziehung privater Gläubiger bei der Bewältigung künftiger Krisen soll damit möglich werden.

Kernpunkte der Stabilitätspakt-Reform
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Foto: ddp

Mit der Vertragsänderung kann sichergestellt werden, dass ein neuer Krisenmechanismus nach Auslaufen der Euro-Rettungsschirme im Jahr 2013 verfassungsrechtlich wasserdicht ist. Das Verbot der gegenseitigen Schuldenübernahme im Lissabon-Vertrag werde nicht abgeschafft, betonte Merkel.

Wenn jedoch die gesamte Einheitswährung in Gefahr gerate, solle es den Mitgliedsstaaten künftig erlaubt werden einzuspringen. Hilfe für drohende Pleitestaaten werde aber an scharfe Bedingungen geknüpft, erklärte Merkel weiter.

Merkel sprach nach der Einigung von einer "harten und ausführlichen Diskussion". Der EU-Gipfel habe deutlich gemacht, "dass die privaten Investoren nicht verdienen können, nicht spekulieren können gegen den Euro".

Die Staats- und Regierungschefs beauftragten nun EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy damit, in Beratungen mit den einzelnen Mitgliedstaaten eine begrenzte Vertragsänderung vorzubereiten. "Alle Staaten haben die Notwendigkeit eines solchen Mechanismus eingesehen", sagte Van Rompuy. Eine Entscheidung soll bereits beim nächsten EU-Gipfel im Dezember fallen. Laut Van Rompuy soll die Änderung des EU-Vertrages dann bis Mitte 2013 unter Dach und Fach sein. Im Jahr 2013 laufen die im Frühjahr beschlossenen Milliarden-Rettungsschirme für Griechenland und andere Euro-Länder aus.

Die Bundesregierung hatte ihre Zustimmung zur Verschärfung des Stabilitätspakts mit der Forderung nach einer Vertragsänderung verknüpft. Der Gipfel billigte die von einer Arbeitsgruppe unter Van Rompuy vorgelegten Vorschläge zum Stabilitätspakt. EU-Staaten und Europaparlament müssen diese Pläne bis Sommer 2011 allerdings noch in Gesetzesform bringen.

Geplant sind nun härtere und schnellere Sanktionen: Unter anderem können neue Geldstrafen verhängt werden, und es können Sanktionen greifen, wenn ein Land einen Schuldenberg von mehr als 60 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts angehäuft hat. Bisher werden nur Überschreitungen der jährlichen Neuverschuldung von drei Prozent geahndet.

Kein Erfolg beim Stimmrechtsentzug

Merkel trat bei den Verhandlungen zudem vehement dafür ein, notorischen Defizitsündern das Stimmrecht in der EU zu entziehen. "Die Diskussionen waren dazu sehr hitzig", sagte ein EU-Diplomat. "Merkel war dabei sehr emotional." Merkel konnte sich aber nicht durchsetzen. Der EU-Gipfel einigte sich in diesem höchst umstrittenen Punkt nur auf die unverbindliche Formulierung, dass der Präsident des Europäischen Rates die Frage einer Aufhebung von Stimmrechten prüfen könne. Unter zahlreichen Mitgliedsstaaten sowie in der Kommission gibt es dagegen massiven Widerstand.

Auch das EU-Budget war Gegenstand der Beratungen. Gemeinsam mit dem britischen Premierminister David Cameron bekräftigte Merkel, dass die EU-Staaten lediglich einer Erhöhung um 2,9 Prozent zustimmen wollen. "Wenn wir zu Hause unsere Haushalte reduzieren müssen - wir tun es auf der Bundesebene um mehr als drei Prozent - kann es nicht sein, dass der europäische Haushalt um fast sechs Prozent steigt", sagte Merkel.

(DDP/AFP)
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