Weitere Protestnacht Zehntausende blockieren die Hongkonger Innenstadt

Hongkong · Die Demokratiebewegung in Hongkong hält den Druck auf die Zentralregierung in Peking weiter aufrecht: Zehntausende Demonstranten bereiteten sich auf eine weitere Protestnacht vor.

Protestnacht: Zehntausende blockieren die Hongkonger Innenstadt
Foto: ap

Trotz des weitflächigen Einsatzes von Tränengas blockierte die Bewegung für freie Wahlen weiter das Zentrum der Millionenmetropole und zwang auch Schulen und Geschäfte zur Schließung.

Die Protestbewegung hatte am Sonntag mehrere Hauptverkehrsstraßen besetzt, woraufhin die Polizei mit Tränengas gegen die Menge vorging. Es kam zu chaotischen Szenen, Verletzten und Festnahmen. Am Montag zog sich die Bereitschaftspolizei aber weitgehend zurück, so dass sich die Situation entspannte. Auf den besetzten Straßen lief kantonesischer Pop und ein britischer Sympathisant briet auf einem Grill Hamburger und Würstchen für die Menge.

Die Proteste in Hongkong sind die größten seit der Rückgabe der britischen Kronkolonie an China im Jahr 1997. Die Massenproteste, die mit einem Streik der Studenten begonnen hatten, richten sich gegen eine von Peking verwehrte Wahlreform in Hongkong. Zwar soll die Bevölkerung dort 2017 erstmals direkt einen Verwaltungschef wählen dürfen, doch will die Zentralregierung in Peking ihr genehme Kandidaten auswählen, um so ihren Einfluss zu sichern.

Am Sonntagmorgen schloss sich auch die Protestbewegung Occupy Central dem Studentenstreik an. Weil die Demonstranten sich mit Regenschirmen gegen das Tränengas zu schützen suchen, sprechen einige Teilnehmer von einer "Umbrella Revolution" (Regenschirm-Revolution). Die Proteste bringen Peking in eine schwierige Lage: Eine nachgiebige Haltung könnte zu einer Ausweitung der Proteste aufs Festland führen, ein hartes Vorgehen würde international einen Aufschrei auslösen.

Hongkongs Verwaltungschef Leung Chun Ying dementierte am Montag Gerüchte über einen bevorstehenden Militäreinsatz. Zugleich appellierte er an die Protestteilnehmer, sich "friedlich zurückzuziehen". Chinesische Staatsmedien bezeichneten die Proteste der "radikalen Aktivisten" als aussichtslos. In Internetforen wurden Berichte über die Proteste von den chinesischen Behörden rasch gelöscht, während der Fotodienst Instagram ganz blockiert wurde.

Das britische Außenministerium zeigte sich besorgt über die Situation in der früheren Kronkolonie. "Wir hoffen, dass die anstehenden Konsultationen zu einer Vereinbarung führen, die einen bedeutsamen Schritt in Richtung Demokratie in Hongkong erlaubt", erklärte das Ministerium. Vize-Premierminister Nick Clegg sagte, er habe "große Sympathie für die mutigen prodemokratischen Demonstranten" und sprach sich für freie Wahlen im Jahr 2017 aus.

Auch Taiwan stellte sich hinter die Proteste. "Wir verstehen und unterstützen die Bürger Hongkongs in ihrem Streben nach einem universellen Wahlrecht", sagte Taiwans Präsident Ma Ying Jeou. Für die Bundesregierung erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert, Deutschland hoffe, "dass die staatlichen Kräfte in Hongkong besonnen reagieren und die Rechte der Bürger auf friedliche Meinungsäußerung auch wahren".

Seit 1997 genießt Hongkong einen Sonderstatus: Gemäß dem Prinzip "Ein Land - zwei Systeme" werden Bürgerrechte wie Presse- und Versammlungsfreiheit gewährt, die auf dem chinesischen Festland stark eingeschränkt sind. Die Proteste erinnern an die Demokratiebewegung 1989, die schließlich auf dem Pekinger Tiananmen-Platz blutig niedergeschlagen wurde. Die Börse in Hongkong reagierte nervös auf die Proteste und gab um 1,9 Prozent nach.

(AFP)
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