Terrorprozess in Brüssel Mutmaßlichem Paris-Attentäter drohen 20 Jahre Haft

Brüssel · Für eine Schießerei in Brüssel 2016 drohen dem mutmaßlichen islamistischen Terroristen Salah Abdeslam bis zu 20 Jahre Haft. Er soll auch an den Paris-Anschlägen 2015 beteiligt gewesen sein. Während der Verhandlung trotzt der 28-Jährige der Justiz.

Paris-Attentäter Salah Abdeslam wurde nach Brüssel überführt
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Der mutmaßliche Attentäter Salah Abdeslam steht vor Gericht.

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Foto: ap, VM

Der einzige überlebende mutmaßliche Attentäter der Anschläge von Paris hat bei seinem Prozessauftakt der belgischen Justiz getrotzt. "Ich habe keine Angst vor euch (...), ich vertraue auf Allah", sagte Salah Abdeslam am Montag im Gericht in Brüssel. Er werde keinerlei Fragen beantworten.

Bevor dem 28-jährigen Franzose mit marokkanischen Wurzeln wegen seiner Beteiligung bei den Anschlägen in Frankreich der Prozess gemacht wird, muss er sich seit Montag in Belgien wegen Schüssen auf Polizisten vor Gericht verantworten. Er wird beschuldigt, zusammen mit zwei Komplizen am 15. März 2016 bei einer Wohnungsdurchsuchung im Brüsseler Vorort Vorst das Feuer auf Beamte eröffnet zu haben.

Der 35-jährige Algerier Mohamed Belkaïd wurde dabei von den Polizisten erschossen. Abdeslam und seinem mutmaßlichem Komplizen, dem 24-jährigen Tunesier Sofiane Ayari, der ebenfalls in Brüssel vor Gericht steht, gelang die Flucht.

Drei Polizisten wurden bei dem Schusswechsel verletzt. Die Beamten hätten sich in einer regelrechten "Kriegsszene" wiedergefunden, es sei "ein Wunder, dass es (unter ihnen) keine Toten gegeben habe", sagte Kathleen Grosjean von der Brüsseler Staatsanwaltschaft. Sowohl für Abdeslam als auch für Ayari forderte sie deshalb 20 Jahre Haft wegen versuchten Mordes an Polizisten.

Abdeslam und Ayari wurden drei Tage nach der Schießerei festgenommen. Seither hat Abdeslam beharrlich geschwiegen. Vor Gericht stellte er nun knapp fest: "Mein Schweigen macht aus mir weder einen Schuldigen noch einen Kriminellen, das ist meine Verteidigung." An die vorsitzende Richterin Marie-France Keutgen gewandt unterstrich er, Muslime würden äußerst schlecht behandelt, und es würde "erbarmungslos" über sie geurteilt.

Das Erscheinen des einst meistgesuchten Mannes Europas vor Gericht war mit Spannung erwartet worden. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er Mitglied der Terrorzelle ist, die für die Anschläge in Paris im November 2015 mit 130 Toten sowie die beiden Anschläge am Brüsseler Flughafen und in der Metro im März 2016 mit 32 Toten verantwortlich gemacht wird.

Der Prozess in Brüssel steht zunächst aber nicht in Verbindung mit den islamistischen Anschlägen. Es sollten allein die Geschehnisse vom 15. März 2016 in Belgien verhandelt werden, sagte Gerichtsvorsteher Luc Hennart vor Prozessbeginn.

Die Verhandlungen finden unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Hunderte schwerbewaffnete und zum Teil maskierte Polizisten und Angehörige der Streitkräfte sicherten beim Auftakt den Brüsseler Justizpalast. Bei der Ankunft des Angeklagten Abdeslam kreiste ein Hubschrauber mit Suchscheinwerfern über dem Gebäude. Gepanzerte Fahrzeuge waren in der Nähe postiert.

Abdeslams Verteidiger, der bekannte belgische Anwalt Sven Mary, ließ mitteilen, sein Klient wolle während des Prozesses weder fotografiert noch gefilmt werden. Dutzende Journalisten hatten sich für den Prozess akkreditieren lassen.

Die Anhörungen waren ursprünglich für vier Tage bis Freitag angesetzt, mit einem Ruhetag am Mittwoch. Richterin Keutgen setzte den Prozess am Ende des ersten Tages jedoch bis Donnerstag aus, damit die Verteidigung ihr Plädoyer vorbereiten kann.

Sollten die Beschuldigten von ihrem Recht zu schweigen Gebrauch machen, könnte sich der Prozess beschleunigen, hatte Gerichtsvorsteher Hennart vor Beginn der Gerichtsverhandlung gesagt. Der Mitangeklagte Ayari zeigte sich zwar kooperativ, entgegnete aber auf viele Fragen, er könne sich nicht erinnern - oder er verwies auf frühere Aussagen.

(se)
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