Keine konkreten Finanzhilfen Putin bietet Tsipras Kredite für Großprojekte an

Moskau · Russlands Präsident Wladimir Putin und der griechische Regierungschef Alexis Tsipras betonten nach ihrem Treffen in Moskau, dass beide Länder ihre Wirtschaftskontakte verstärken und vor allem in Energiefragen enger zusammenarbeiten wollten.

Alexis Tsipras zu Besuch bei Wladimir Putin in Moskau
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Alexis Tsipras zu Besuch im Kreml

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Putin bot dabei Kredite für Großprojekte an, wenn sich Griechenland etwa am Bau der geplanten Gaspipeline über die Türkei (Turkish Stream) in die EU beteiligen wolle.

Sowohl Putin also auch Tsipras betonten aber, dass es bei dem Gespräch nicht um die Frage gegangen sei, ob Russland Griechenland Finanzhilfen zur Bewältigung der Schuldenkrise zur Verfügung stellen könne. Tsipras habe ihn nicht um Hilfe gebeten, sagte Putin. Auch der griechische Ministerpräsident betonte, er sei nicht nach Moskau gekommen, um eine Lösung für die Schuldenkrise in seinem Land zu erwarten. "Das ist ein europäisches Problem, das eine europäische Lösung braucht", sagte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Zugleich wiesen beide Politiker die heftige Kritik einiger EU-Politiker an seinem Besuch in Moskau zurück. Sein Land sei souverän und dürfe Vereinbarungen mit Russland treffen, die der Stabilisierung der eigenen Wirtschaft dienten, sagte Tsipras. Putin betonte, Russland suche kein trojanisches Pferd in der EU, wolle aber die traditionell guten Beziehungen und den zuletzt eingebrochenen Handel zwischen beiden Ländern wiederbeleben.

Gemeinschaftsunternehmen im Agrarsektor denkbar

Konkrete Aussagen, ob die russischen Sanktionen gegen EU-Lebensmittel für griechische Agrarprodukte aufgehoben werden können, vermieden beide Politiker. Man könne aber über Gemeinschaftsunternehmen im Agrarsektor nachdenken, sagte Putin. Er betonte zugleich das russische Interesse an einer Zusammenarbeit der Eisenbahnen beider Länder. Er hoffe, dass russische Firmen bei möglichen Privatisierungen in Griechenland nicht benachteiligt würden. Russland sei bereit, Großprojekte etwa im Energiebereich mit Krediten zu fördern.

Diese könnten dann aus den entstehenden Profiten zurückgezahlt werden. Sollte sich Athen entscheiden, sich an der Pipeline Turkish Stream zu beteiligen, winkten dem Land Einnahmen von "Millionen Euro" jedes Jahr. Auch die westlichen Kreditgeber Griechenlands würden davon profitieren. Tsipras äußerte die Hoffnung, Griechenland könne durch den Bau von Turkish Stream zu einem Energieknotenpunkt in Südeuropa werden.

Russland hat nach dem Stopp der geplanten Gaspipeline South Stream durch Bulgarien im Januar eine neue Verbindung durch die Türkei angekündigt, die bis Ende 2016 in Betrieb gehen soll. Damit auch die EU darüber versorgt werden könnte, müsste ein Anschluss durch Griechenland gebaut werden.

Warnung vor Sonderweg Griechenlands

EU-Politiker wie der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok und der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), hatten Athen zuvor gewarnt, mit Moskau Vereinbarungen zu treffen, für die das Land einen politischen Preis zahlen müsse.

Auch der Deutsche Bauernverband kritisierte einen möglichen Sonderweg Griechenlands. Hintergrund der Sorgen einer zu starken Annäherung des Euro-Lands an Russland ist die weiter anhaltende Unklarheit über die künftige Finanzierung des griechischen Staates. Die Regierung in Athen hat immer noch keine Liste mit Reformvorschlägen vorgelegt, die die Eurogruppe sowie die EU-Kommission, den IWF und die EZB zufriedenstellen und somit die Auszahlung weiterer Finanzhilfen möglich machen.

Es gebe keine neuen Erkenntnisse, betonte das Bundesfinanzministerium am Mittwoch in Berlin. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann pochte auf eine baldige Lösung, weil man nicht "jahrelang" darüber diskutieren könne, ob Griechenland in der Euro-Zone bleibe. Auch Griechenland selbst wisse, dass es seine Hausaufgaben zu erledigen habe. "An denen kann man sich nicht vorbeidrücken", sagte Faymann. Daran ändere auch der Besuch von Tsipras in Moskau nichts.

Gemeinsame Kritik an der EU-Sanktionspolitik

Einigkeit demonstrierten Putin und Tsipras in ihrer Kritik an der EU-Sanktionspolitik gegen Russland. Diese führe Europa nur in einen neuen Kalten Krieg, sagte Tsipras und betonte, er habe diese Kritik auch bei den EU-Partnern angebracht. Ein Abrücken von der gemeinsamen EU-Position vermied er aber, indem er das Minsker Abkommen als Basis für einen Ausweg des Konflikts in der Ostukraine bezeichnete.

Auf dem EU-Gipfel im März war auch mit seiner Zustimmung beschlossen worden, dass die Sanktionen gegen Russland erst bei der vollständigen Umsetzung des Abkommens gelockert werden können. Auf dem EU-Gipfel im Juni soll ein formaler Beschluss über die Verlängerung der derzeit bestehenden Sanktionen fallen.

Er wisse, dass Griechenland dieser Entscheidung habe zustimmen müsse, sagte Putin. Auch er bekannte sich zur Umsetzung des Minsker Abkommens, das unter anderem Wahlen in den von prorussischen Separatisten beherrschten Gebieten und eine Kontrolle der ukrainisch-russischen Grenze vorsieht.

(REU)
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