Übersetzungen Putin — Deutsch, Deutsch — Putin

Berlin · Sprache und Realität passen in der Ukraine-Krise nicht zusammen - weder aktuell noch in den Grundannahmen. Wir übersetzen fünf Aussagen von Wladimir Putin aus den vergangenen Wochen.

 Kremlchef Wladimir Putin.

Kremlchef Wladimir Putin.

Foto: dpa, sc ase hpl

Der Blick auf die Entwicklung in der Ukraine wird durch eine Fülle von Verständnisproblemen vernebelt: Was der russische Präsident Wladimir Putin sagt, ist nicht immer das, was die Interpreten seiner Worte daraus machen. Oft kollidiert beides mit der Wirklichkeit und mit dem westlichen Politik-Verständnis. "Putin-Versteher" - das sind jene Zeitgenossen, die lieber zehn Verschwörungstheorien Glauben schenken als eindeutige Hinweise in dem Konflikt zu einem Bild zusammenzufügen. Wir versuchen uns in Übersetzungshilfe - und deuten einige Aussagen des Kremlchefs.

"Wenn ich wollte, könnte ich Kiew binnen zwei Wochen einnehmen."

Russland dementierte nicht, dass Putin diese angebliche Drohung im Telefonat mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso aussprach; er beschwerte sich vielmehr über den Vertrauensbruch, diese "aus dem Zusammenhang gerissene" Äußerung öffentlich werden zu lassen. Die Übersetzung: Kapiert endlich, dass die Ukraine als Mitgründer der Sowjetunion mein Einflussgebiet bleibt und ich mir mein "neues Russland" mit alter Stärke nicht kaputt machen lasse.

"Alle Behauptungen, Russland interveniere in der Ost-Ukraine, sind Lügen."

Der Einsatz russischer Soldaten an der Seite der Separatisten wird nun auch vom russischen Fernsehen registriert. Heldenhaft kämpften diese dort, aber nur "freiwillig" und in ihrem "Urlaub". Die Gefangennahme russischer Fallschirmjäger in der Ukraine erkläre sich dadurch, dass sich diese "verlaufen" hätten. Die Übersetzung: Mir ist egal, wie lächerlich meine öffentlichen Begründungen klingen. Hauptsache, ihr diskutiert über irgendwas, während ich Fakten schaffe.

"Weil die USA und die EU einen Putsch unterstützten, kam es zum Chaos in der Ukraine."

Das war Putins zentrale Begründung dafür, dass Russland sich zum Schutz der Russen im Nachbarland in der Pflicht sieht und sich auch an Abkommen zur Achtung ukrainischer Souveränität nicht mehr gebunden fühlt. Nach dem Zerfall der Sowjetunion hatte sich der Westen angewöhnt, in wachsender Zusammenarbeit mit Russland die alte Konfrontation durch selbstbestimmte Partnerschaften aller Länder aufzulösen. Wie er 2007 bei der Münchner Sicherheitskonferenz klar machte, fühlt sich Putin aber dadurch gedemütigt, dass alle nach der Pfeife Washingtons tanzten und Moskau nicht mehr gefragt sei. Die Übersetzung: Vergesst euer neues Weltbild - wir kehren zur Sprache des Kalten Krieges zurück, weil Russland wieder eine Macht auf Augenhöhe sein will.

"Russen und Ukrainer sind praktisch ein Volk."

Schnell erklärte sein Sprecher nach diesem Putin-Interview, dass die Separatisten-Gebiete ("Neu-Russland") Teil der Ukraine bleiben sollten. Doch dass er den Zerfall der Sowjetunion mit Blick auf die 25 Millionen Russen "im Ausland" umkehren und dabei "nicht nur an die Krim" denke, hatte der damals noch unbekannte Putin schon 1994 als Leitgedanken entwickelt. Die Übersetzung: Die Auflösung der Sowjetunion war ein Fehler, den wir nun korrigieren.

"Ich ordne die volle Gefechtsbereitschaft für den zentralen Verteidigungsbezirk Russlands an."

Säbelrasseln mit Militärübungen begleitet die weltweite Diplomatie, seit es Armeen gibt. Wladimir Putins Militärspitze beschrieb aber bereits Anfang 2013 eine neue Strategie, nach der unter den neuen Bedingungen nur anfänglich "verdecktes" Vorgehen Erfolge garantiere - so wie nun auf der Krim und in der Ost-Ukraine exekutiert. Die Übersetzung: Keine Bange, Separatisten. Auch wenn die Sache mal nicht so gut für euch läuft: Zusammen sind wir stark.

(RP)
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