Rebellen besetzen Tikrit und Mossul Irakische Islamisten nehmen türkischen Konsul als Geisel

Tikrit · Nachdem die Rebellen im Irak schon am Dienstag Mossul eingenommen haben, haben sie ihren Vormarsch fortgesetzt und nach Polizeiangaben auch die zentralirakische Stadt Tikrit eingenommen. Zudem stürmten sie die türkische Botschaft in Mossul und nahmen über Dutzende Geiseln, darunter den türkischen Konsul.

Isis/IS - Islamischer Staat im Irak und Syrien
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Foto: dpa, sdt moa

Insgesamt seien 48 Menschen in der Gewalt von Terroristen, berichteten türkische Medien am Mittwoch. Unter den Geiseln seien auch Kinder und Konsulatsmitarbeiter. Hinter dem Angriff stecke vermutlich die Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis), die nach dem Sturm auf Mossul am Mittwoch weiter auf dem Vormarsch Richtung Bagdad war.

Der türkische Außenminister Ahmed Davutoglu brach wegen der Geiselnahme seine USA-Reise ab, wie das türkische Staatsfernsehen TRT berichtete. Er sei auf dem Weg zurück in die Türkei.

Die Zahl der entführten türkischen Lkw-Fahrer in Mossul erhöhte sich indessen auf über 30. Die Fahrer waren am Dienstag von Isis-Kämpfern verschleppt worden. Sie waren auf dem Weg von der südtürkischen Stadt Iskenderum in den Nordirak, um Diesel-Kraftstoff zu liefern.

Tikrit ist gefallen

"Ganz Tikrit ist den Händen der Kämpfer", sagte ein Polizeioberst in der Hauptstadt der Provinz Salaheddin. Einem Polizeimajor zufolge befreiten die Kämpfer in der Stadt rund 300 Gefängnisinsassen. Zuvor hatten sich die Aufständischen nach Angaben der Provinzregierung schwere Gefechte mit den Sicherheitskräften geliefert. Einem ranghohen Polizeibeamten zufolge griffen Kämpfer der sunnitischen Dschihadistengruppe Islamischer Staat im Irak und der Levante (Isil) die Stadt aus nahezu allen Richtungen gleichzeitig an. Tikrit liegt 160 Kilometer nördlich von Bagdad und ist die Geburtsstadt des früheren irakischen Machthabers Saddam Hussein, der nach der US-Militärinvasion gestürzt und hingerichtet wurde.

Kämpfer der sunnitischen Dschihadistengruppe Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIL) hatten Mossul und mehrere weitere Städte am Dienstag unter ihre Kontrolle gebracht. Tags darauf patrouillierten sie durch die Straßen und forderten Behördenmitarbeiter über Lautsprecher auf, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren. Nach der Eroberung Mossuls sind im Nordirak hunderttausende Menschen auf der Flucht.

Der von der ISIL verwendete Begriff Levante ("Sonnenaufgang") bezieht sich auf das Hinterland der östlichen Mittelmeerküste - die ISIL kontrolliert auch Teile des Staatsgebietes im benachbarten Syrien, insbesondere die östliche Provinz Deir Essor. Die Organisation steht dem Terrornetzwerk Al Qaida nahe und hat sich zum Ziel gesetzt, ein grenzüberschreitendes islamisches Emirat zu errichten

Bundesregierung besorgt

Die Bundesregierung hat angesichts der dramatischen Ereignisse im Irak die politischen Akteure im Land aufgerufen, ihren Machtkampf zu beenden und gemeinsam gegen "Terrorismus" vorzugehen. Die Einnahme einer ganzen Stadt durch Islamisten sei "eine neue Stufe der Eskalation", die auch in der Bundesregierung auf "allergrößte Sorge" stoße, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, am Mittwoch in Berlin.

Die Bundesregierung verurteile "die terroristischen Anschläge und die Besetzung von Städten und Teilen von Provinzen im Irak durch terroristische Kräfte auf das Schärfste", sagte der Außenamtssprecher. Sie erwarte von den politischen Verantwortungsträgern im Irak, dass sie sich nach den Wahlen im Mai so schnell wie möglich auf eine handlungsfähige Regierung einigten, die für Sicherheit und Frieden sorge. Die "unterschiedlichen Interessen" der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Glaubensrichtungen dürften den Irak nicht weiter spalten.

Die Partei des irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki hatte bei der Parlamentswahl vor rund drei Wochen zwar die meisten Mandate gewonnen, die notwendigen Sitze zur Regierungsbildung aber klar verfehlt. Wegen der Zersplitterung der politischen Landschaft konnte bislang keine Koalition vereinbart werden.

(DEU)
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