Brüssel kritisiert Journalisten-Verhaftungen Erdogan: "EU soll sich um eigene Angelegenheiten kümmern"

Istanbul · Wieder einmal deutliche Worte vom türkischen Staatspräsidenten: Die scharfe Kritik aus Brüssel an der Verhaftung regierungskritischer Journalisten in der Türkei hat Recep Tayyip Erdogan erzürnt und zu einer rüden Antwort veranlasst.

Recep Tayyip Erdogan: "EU soll sich um eigene Angelegenheiten kümmern"
Foto: Andreas Endermann

Die EU solle sich "um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern", sagte er am Montag. Brüssel habe kein Recht, sich in "rechtsstaatliche Schritte gegen Elemente einzumischen, die unsere nationale Sicherheit bedrohen". Erdogan äußerte sich im westtürkischen Izmit.

Am Sonntagmorgen waren türkische Polizisten gegen Anhänger des islamischen Predigers und Erdogan-Rivalen Fethullah Gülen vorgegangen. Die Redaktion der regierungskritischen Zeitung "Zaman" in Istanbul wurde durchsucht, ihr Chefredakteur wurde festgenommen. Auch Journalisten anderer Medien nahm die Polizei fest. Erdogan hatte am Freitag angekündigt, er werde die Gülen-Anhänger "bis in ihre Schlupfwinkel" verfolgen.

Das Vorgehen "verstößt gegen die europäischen Werte", erklärten die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und Erweiterungskommissar Johannes Hahn am Sonntag. Am Montag schloss sich Berlin der Kritik an. Es sei "nicht erkennbar, wie dieses gezielte Vorgehen gegen Journalisten und gegen Vertreter der Medien durch die türkische Polizei mit den Grundprinzipien der Meinungs- und Pressefreiheit in Übereinstimmung zu bringen ist", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Der Europarat bezeichnete das türkische Vorgehen als "nicht hinnehmbar". Er werde das Thema bei seinem Besuch in der Türkei am 6. und 7. Januar ansprechen, sagte Europaratsgeneralsekretär Thorbjörn Jagland.

Die Europäische Union hat erstaunt auf die scharfen Äußerungen Erdogans zum Verhältnis zu Europa reagiert. Nachdem sie vergangene Woche in der Türkei "konstruktive Gespräche" über die EU-Perspektive des Landes geführt habe, sei sie "sehr überrascht", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Montag in Brüssel. Beide Seiten hätten ihren Besuch damals als "Möglichkeit für einen Neustart" in den Beziehungen gesehen.

(AFP)
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