Wahlkampf in der Türkei Erdogan setzt vor Wahl auf Friedensprozess mit PKK

Ankara · Die Türkei hat ein Gesetz zur Wiedereingliederung von PKK-Kämpfern in die Gesellschaft verabschiedet. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan verschafft sich so Sympathien bei der kurdischen Minderheit. Das könnte bei der Präsidentenwahl am 10. August wichtig werden.

Recep Tayyip Erdogan: Das ist der türkische Staatspräsident
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Das ist Recep Tayyip Erdogan

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PKK-Mitglieder sollen die Möglichkeit bekommen, wieder Teil der türkischen Gesellschaft zu werden. Das sieht ein neues Gesetz vor, das vom türkischen Parlament in Ankara beschlossen wurde. Mit dem Gesetzespaket soll gleichzeitig der Weg für eine friedliche Lösung im Konflikt mit mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK geebnet werden.

Das Parlament folgte damit einem Vorschlag des amtierenden Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Der wiederum reagiert damit auf eine Hauptforderung des seit 15 Jahren inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalan. Als "historisch" bezeichnete Öcalan die Gesetzesinitiative.

Die PKK hatte im März vergangenen Jahres eine Waffenruhe verkündet und danach mit dem Abzug ihrer Kämpfer in den Nordirak begonnen, diesen aber wegen des Stillstands im Friedensprozess wieder gestoppt. Türkische Medien hatten berichtet, der Abzug könnte im September fortgesetzt werden.

Der Zuspruch der kurdischen Minderheit in der Türkei kommt Erdogan einen Monat vor der Präsidentenwahl nicht ganz ungelegen. Unmittelbar nach Verabschiedung des Gesetzes wurden Spekulationen darüber laut, dass sich Erdogan mit dem Gesetz die Unterstützung der Kurden sichern will. Erdogan will sich bei den Wahlen am 10. August erstmals direkt zum Staatsoberhaupt der Türkei wählen lassen.

Erste direkte Wahl in der Türkei

Mai 2014: Erdogans Auftritt in der Lanxess-Arena
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Foto: dpa, obe pzi

Der Präsident hat in der Türkei bislang vor allem eine repräsentative Funktion. Bisher waren die türkischen Staatspräsidenten vom Parlament gewählt worden, nach einer Verfassungsänderung können die Wähler nun zum ersten Mal direkt das Staatsoberhaupt wählen. Auch dürfen die rund 2,5 Millionen türkischen Wähler im Ausland erstmals an ihren jeweiligen Wohnorten ihre Stimmen abgeben. Allein in Deutschland leben 1,5 Millionen türkische Wähler.

Kritiker befürchten, dass sich die Türkei unter einem Präsidenten Erdogan von demokratischen Grundsätzen wie der Gewaltenteilung entfernen könnte. Säkulare und liberale Bevölkerungsschichten werfen Erdogan vor, Kritik zu unterdrücken und die Gesellschaft zunehmend an den Prinzipien des Islam ausrichten zu wollen. Das harte Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten, die gegen die Bebauung des Gezi-Parks in Istanbul protestierten, löste im Sommer vergangenen Jahres landesweite Massenproteste aus. Mitte Dezember enthüllte die Justiz eine weitreichende Korruptionsaffäre, in die zahlreiche Politiker und Geschäftsleute aus dem Umfeld Erdogans verwickelt sind, darunter auch sein Sohn.

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Erdogan will starker Staatschef sein

Zum Auftakt seines Präsidentschaftswahlkampfes hat Erdogan eine stärkere Rolle des Staatschefs angekündigt. Er wolle die Macht des Präsidenten stärken: "Ich verlasse Euch nicht. Ich höre nicht auf zu dienen. Ich mache keine Pause. Ich ruhe mich nicht aus", sagte Erdogan. Er sei "für einen höheren Posten nominiert worden, um Euch, meiner ruhmreichen Nation und meinem Land, besser zu dienen". Erdogans Rede vom Wochenende wurde von Rufen wie "Die Türkei ist stolz auf Dich!" unterbrochen.

Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP hatte Erdogan als Kandidaten für die Präsidentschaftswahl am 10. August nominiert. Die meisten Umfragen geben ihm gute Chancen, mit mehr als 50 Prozent der Stimmen auf Anhieb gewählt zu werden. Sein aussichtsreichster Gegner ist der 70-jährige Ekmeleddin Ihsanoglu als gemeinsamer Kandidat der Nationalistenpartei MHP und der säkularen CHP.

(dpa/ape)
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