Womit der türkische Politiker für Aufsehen sorgte Recep Tayyip Erdogan — Staatspräsident und Provokateur

Ankara · Recep Tayyip Erdogan hat es auf den Gipfel der Macht geschafft. Heute wurde der bisherige Ministerpräsident als neuer Staatspräsident der Türkei vereidigt. Auch wenn der Posten ein neuer ist, Erdogan wird wohl weiter seinem Ruf als Scharfmacher und Provokateur treu bleiben. Das bekam insbesondere auch Deutschland immer wieder zu spüren. Ein Rückblick.

Recep Tayyip Erdogan als türkischer Präsident vereidigt
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Recep Tayyip Erdogan als türkischer Präsident vereidigt

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Elf Jahre lang leitete er als Ministerpräsident die Geschicke der Türkei, nun ist Recep Tayyip Erdogan in einer feierlichen Zeremonie als neuer Staatspräsident des Landes vereidigt worden. Der bisherige Chef der islamisch-konservativen Partei AKP war bereits am 10. August bei der ersten Direktwahl für das Amt überhaupt im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit gewählt werden.

Für Erdogan ist klar, dass er sein Land zur führenden Macht in Vorderasien machen wird. Und dabei wird er sicherlich auch als Staatspräsident nicht davor zurückscheuen, klare und mitunter auch scharfe Worte zu wählen — insbesondere, wenn es um Kritik an seiner eigenen Person und Politik geht. Das hatte sich erst Anfang August gezeigt, als er eine türkische Journalistin, die ihm bei einem Fernsehauftritt kritische Fragen stellte, als "schamlose Frau" bezeichnet hatte.

Sie sei eine Militante, die Gläubige beleidige, hatte Erdogan gesagt und noch hinzugefügt: "Erkenne deinen Platz." Nur wenige Tage zuvor hatte er mit der Aussage provoziert, dass lautes Lachen von Frauen in der Öffentlichkeit unschicklich sei. Junge Frauen hatten daraufhin als Reaktion Bilder, auf denen sie lachen, in sozialen Netzwerken veröffentlicht.

Recep Tayyip Erdogan: Das ist der türkische Staatspräsident
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Das ist Recep Tayyip Erdogan

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Foto: AP

Das Grubenunglück von Soma

Auch die Gezi-Proteste im vergangenen Jahr hatte er immer wieder kritisiert. Als es im März dieses Jahres zu erneuten Protesten kam, weil ein junger Mann, der nach den Polizeieinsätzen lange im Koma lag, gestorben war, bezeichnete er die Demonstranten als Menschen, die Chaos säen wollten. "Das sind Scharlatane, sie haben nichts mit Demokratie zu tun", so der damalige Ministerpräsident.

Doch nicht nur im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten, sondern auch nach dem Grubenunglück von Soma wurde Erdogan öffentlich kritisiert. Für Empörung sorgte insbesondere, dass einer seiner Berater einen wehrlosen Demonstranten getreten hatte und auch Erdogan selbst handgreiflich gegenüber einem Mädchen gewesen sein soll.

Dass er auch im Ausland mit Kritik konfrontierte wurde, passte Erdogan ebensowenig. Bei einem Wahlkampfauftritt in Köln im Mai dieses Jahres griff er insbesondere auch die deutschen Medien an. Ein Teil habe versucht, die Tragödie zu instrumentalisieren, "um mich fertig zu machen, um die Türkei herabzuwürdigen, zu beleidigen".

Als schamlos bezeichnete er etwa den "Spiegel", nachdem dieser in einer Überschrift das Zitat eines Bergmanns verwendete hatte, der gesagt hatte: "Scher dich zum Teufel Erdogan". Es war nicht das erste Mal, dass er über Deutschland schimpfte oder Provokationen in Richtung Bundesrepublik schickte.

Deutschkenntnisse der türkischstämmigen Kinder

So sorgte er insbesondere im März 2011 für Aufregung, als er meinte, wer Deutschkenntnisse zur wichtigsten Voraussetzung der Integration in Deutschland mache, verletze die Menschenrechte. Schon drei Jahre zuvor hatte er gesagt, dass türkische Kinder erst ihre eigene Sprache lernen sollten, bevor sie eine neue erlernten, und sich zugleich dafür aussprach, türkischstämmige Kinder hierzulande von türkischen Lehrern unterrichten zu lassen.

Allerdings schlug er schon 2012 sanftere Tönen an und sagte, Türken in Deutschland sollten fließend Deutsch sprechen und auch deutsche Autoren lesen können. Damals hatte er sich von Deutschland Hilfe im Zusammenhang mit der Vielzahl der syrischen Flüchtlinge in der Türkei erhofft.

Doch Erdogan blieb nicht bei den sanften Tönen, wie zwei Beispiele aus diesem Jahr zeigen. So hatte Bundespräsident Joachim Gauck bei seinem Besuch in der Türkei das Problem der Internetsperren angesprochen und auch die Eingriffe in die Gewaltenteilung kritisiert. Erdogans Reaktion: Gauck glaube wohl, er sei immer noch Pfarrer.

Und zuletzt war es Cem Özdemir, der von ihm angegriffen wurde, nachdem der Grünen-Politiker wiederum den türkischen Politiker kritisiert hatte. Erdogan bezeichnete Özdemir daraufhin als "angeblichen Türken" und deutete auch an, dass dieser in der Türkei nicht mehr willkommen sei. Diese Provokation führte sogar dazu, dass Berlin den türkischen Botschafter einbestellte.

(das)
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