Türkei Erdogan tritt nach Wahldebakel erstmals wieder öffentlich auf

Istanbul · Das Wundenlecken scheint abgeschlossen zu sein: Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit der Parlamentswahl vom vergangenen Sonntag hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Donnerstag eine rasche Regierungsbildung gefordert.

Recep Tayyip Erdogan tritt nach Wahldebakel wieder öffentlich auf
Foto: afp, ADM/JH

Der Wähler habe keiner Partei die absolute Mehrheit im Parlament zugewiesen, sagte Erdogan bei einer Rede in Ankara. Das Wesen einer Demokratie sei es, in einer solchen Lage Lösungen zu finden. Erdogan forderte Kompromissbereitschaft von den Parteien. Niemand dürfe jetzt "Ich" sagen, vielmehr müssten alle das "Wir" betonen.

Bei der Wahl hatte Erdogans Regierungspartei AKP ihre Regierungsmehrheit verloren; auch Erdogans Pläne zur Errichtung eines Präsidialsystems sind damit vorerst vom Tisch. Alle Parteien müssten sich ihrer Verantwortung besusst sein, sagte Erdogan. In Ankara wird über eine Regierungskoalition zwischen der islamisch-konservativen AKP und der säkularistischen CHP spekuliert; Erdogan hatte sich am Mittwoch mit dem führenden CHP-Politiker Deniz Baykal getroffen.

Im Ton war Erdogans Rede wesentlich staatstragender und versöhnlicher als seine von scharfen Angriffen auf die Opposition gekennzeichneten Ansprachen im Wahlkampf. Er bedankte sich bei allen Wählern und hob besonders die türkischen Wähler im Ausland hervor. Auch die Kritik westlicher Medien an seinem autokratischen Führungsstil nahm Erdogan gelassen: Wenn von dieser Seite Lob für ihn käme, müsste er ja an sich zweifeln, sagte der 61-Jährige.

(AFP)
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