Steinmetze erhalten im Westen künftig elf Euro Regierung beschließt neuen Mindestlohn

Berlin · Auch für die rund 11.000 Steinmetze und Bildhauer gilt künftig bundesweit ein Mindestlohn: Damit darf vom 1. Oktober an kein Beschäftigter in der Branche weniger als 10,13 Euro in der Stunde im Osten Deutschlands und 11,00 Euro im Westen verdienen.

Zum 1. Mai 2014 steigen diese Lohnuntergrenzen auf 10,66 Euro und 11,25 Euro. Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch in seiner letzten Sitzung vor der Bundestagswahl eine entsprechende Vorlage aus dem Arbeitsministerium. Die SPD kritisierte dies als Wahlkampftaktik.

Die Verordnung bedarf nicht mehr der Zustimmung des Bundesrates. Es handelt sich um den hierzulande zwölften verbindlichen Branchen-Mindestlohn und den siebten, den die schwarz-gelbe Bundesregierung in der zu Ende gehenden Legislaturperiode auf den Weg brachte.

Damit arbeiten etwa vier Millionen Beschäftigte in Deutschland im Geltungsbereich verbindlicher Mindestlöhne. Von Arbeitgebern und Gewerkschaften werden allgemeinverbindliche Lohnuntergrenzen auch für Friseure und Beschäftigte in Schlachthöfen angestrebt.

Zugleich verlängerte das Kabinett die Allgemeinverbindlichkeit der Mindestlöhne für Gebäudereiniger und Bauarbeiter, die zum 1. Januar auf Basis neuer Tarifverträge angehoben werden. Für die 920.000 Beschäftigten in der Gebäudereinigung gibt es dann mindestens 9,31 Euro pro Stunde im Westen und 7,96 Euro im Osten. Im Baugewerbe soll von 2014 an kein Beschäftigter weniger als 11,10 Euro im Westen und 10,50 Euro im Osten verdienen. Die Branche hat 578.000 Beschäftigte.

Für Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zeigt die Verständigung der Tarifparteien auf neue Branchenmindestlöhne und die reibungslose Verlängerung bestehender Regelungen: "Die Tarifpartner brauchen keine Vorgaben der Politik, um auf vernünftige Lohnhöhen zu kommen, die fair sind für die Beschäftigten und gleichzeitig Arbeitsplätze in Deutschland halten." Aufgabe der Politik sei dann, den tariflichen Mindestlohn für alle allgemeinverbindlich zu erklären. "Nur dann schützt er alle, die in der Branche arbeiten."

Das ist eine klare Absage an die Pläne von SPD, Linken und Grünen, einen gesetzlich fixierten Mindestlohn zwischen 8,50 und 10 Euro flächendeckend verbindlich festzulegen.

Kritik von der SPD

Scharfe Kritik kam von der SPD. Der im Wahlkampfteam von SPD-Kanzlerkandidat Peer für Arbeit und Soziales Steinbrück zuständige Ex-IG BAU-Chef Klaus Wiesehügel warf der Regierung vor, die Entscheidung zum Steinmetz-Mindestlohn hinausgezögert zu haben, "um sich nun kurz vor der Wahl als Hüterin des tariflichen Mindestlohns aufzuspielen". Der Antrag auf Allgemeinverbindlichkeit sei erstmals im Mai 2012 gestellt worden.

Da Schwarz-Gelb im Koalitionsvertrag aber festgelegt habe, dass tarifliche Mindestlöhne vor ihrer Allgemeinverbindlichkeit einem Kabinettsvorbehalt unterliegen, müssten Einigungen der Tarifpartner "ständig nachverhandelt werden", sagte Wiesehügel.

Das Arbeitsministerium wies die Verzögerungs-Vorwürfe zurück. Der Steinmetz-Tarifvertrag vom Mai 2012 habe nicht alle Voraussetzungen für die Allgemeinverbindlicherklärung enthalten. Ein geänderter Tarifvertrag sei erst Ende August vom Tarifausschuss gebilligt worden. Der nun vom Kabinett gebilligte Tarifvertrag "ist inhaltlich nicht der vom Mai 2012", sagte ein Ministeriumssprecher.

Auch Friseure wollen neuen Mindestlohn

Für die bundesweit rund 200.000 Beschäftigten im Friseurhandwerk soll es nun ebenfalls einen verbindlichen Mindestlohn geben - und zwar einheitlich 8,50 Euro pro Stunde von August 2015 an.
Der Antrag ging am Mittwoch im Bundesarbeitsministerium ein, bestätigte ein Sprecher der Nachrichtenagentur dpa. Es müsse nun geprüft werden, ob der zugrunde liegende Tarifvertrag repräsentativ für die Branche ist, also mehr als die Hälfte der Beschäftigten erfasst, hieß es. Die Gewerkschaft Verdi geht davon aus, dass mehr als 52 Prozent von ihnen "tarifgebunden" sind.

Der aktuelle, Ende Juli unterzeichnete Tarifvertrag für die Friseure sieht eine stufenweise Anhebung vor: Derzeit liegt der Mindestlohn bei 6,50 im Osten und bei 7,50 Euro im Westen. Anfang August kommenden Jahres ist eine Anhebung auf 8,00 und 7,50 Euro vorgesehen, ein Jahr später auf bundesweit einheitlich 8,50 Euro. In der Friseurbranche werden in manchen Regionen immer noch besonders niedrige Löhne bezahlt.

(dpa)
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