"Fortschrittsbericht Afghanistan" Regierung setzt auf Verständigung mit Taliban

Berlin · Das Kabinett beschließt an diesem Mittwoch den neuen "Fortschrittsbericht Afghanistan". Darin warnt es vor "Innentätern" und wirbt für einen Versöhnungsprozess.

Zehn Jahre deutscher Afghanistan-Einsatz in Zahlen
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Foto: dapd, Musadeq Sadeq

Die Bundesregierung setzt am Hindukusch auf eine Verständigung mit den Taliban. "Dauerhafter Frieden in Afghanistan wird nur eintreten, wenn der innerafghanische Versöhnungs- und Friedensprozess Fortschritte macht", heißt es im "Fortschrittsbericht Afghanistan", den das Bundeskabinett heute beschließen wird und der unserer Zeitung vorliegt.

Zwar hätten die Taliban die Sondierungsgespräche bereits im März wieder ausgesetzt. Die Tür zu Verhandlungen stehe ihnen jedoch weiter offen, halten Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungsministerium in dem gemeinsam unter Federführung des Afghanistan-Beauftragten Michael Koch verfassten Bericht fest. "Es gibt erste Anzeichen dafür, dass wichtige, bestimmende Teile der Taliban eine Wiederbelebung des Prozesses wollen", heißt es weiter. Allerdings dürfe es "keinen Frieden um jeden Preis" geben.

Sicherheitslage: "Leicht positiver Trend"

Am Ende des Versöhnungsprozesses am Hindukusch müsse es um "nicht verhandelbare Bedingungen" gehen. Für die Bundesregierung gehören dazu der Bruch mit dem internationalen Terrorismus, der Verzicht auf Gewalt und die Anerkennung der afghanischen Verfassung einschließlich ihrer Gebote zum umfassenden Schutz der Menschenrechte.

In dem 58 Seiten umfassenden Fortschrittsbericht erkennen die drei Ministerien einen "leicht positiven Trend" in der Sicherheitslage. Erneut habe es im Jahr 2012 weniger sicherheitsrelevante Zwischenfälle gegeben. Allerdings sei die Lage "in vielen Teilen Afghanistans instabil".

Auch wenn die Einsatzbereitschaft der afghanischen Sicherheitskräfte inzwischen so gut entwickelt sei, dass sie auf Bedrohungslagen selbständig und effektiv reagieren könnten, blieben die regierungsfeindlichen Kräfte "weiterhin handlungsfähig".

Insbesondere nimmt die Bundesregierung die Gefahr durch so genannte "Innentäter" sehr ernst, also Anschläge, die von Angehörigen der Sicherheitskräfte gegen die eigenen Kameraden und auf Isaf-Angehörige verübt werden. In diesem Jahr hätten bereits 48 Soldaten der internationalen Schutztruppe ihr Leben dadurch verloren.

Ab 2015 Geld für Sicherheitskräfte

Deutschland werde sich auch weiterhin für die Entwicklung am Hindukusch mitverantwortlich fühlen. Die Bundesregierung unterstreicht ihre "Bereitschaft zu einer deutschen Beteiligung an einer Beratungs-, Ausbildungs- und Unterstützungsmission" für die Zeit nach dem Abzug des größten Teiles der deutschen Soldaten 2014. Die neue Präsenz soll ausdrücklich "nicht als Kampfmission ausgeplant" werden.

Die Regierung richtet sich darauf ein, Afghanistan zunächst bis 2016 jährlich mit bis zu 430 Millionen Euro zu unterstützen. Damit sollen die Lebensbedingungen verbessert und die Regierungsführung gestärkt werden. Ab 2015 will Deutschland sich zudem mit jährlich 150 Millionen Euro an der Finanzierung der Afghanischen Nationalen Sicherheitskräfte beteiligen.

(may-)
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