Robert Biedron in Slupsk Polen hat seinen ersten homosexuellen Bürgermeister

Warschau · Für das konservative Polen ist es eine kleine Sensation: Mit Robert Biedron ist zum ersten Mal in der Geschichte des Landes ein offen homosexueller Politiker zum Bürgermeister gewählt worden. Während dies viele als Zeichen für mehr Toleranz sehen, will Biedron selbst vor allem durch eines glänzen: seine politische Arbeit.

 Mit 57 Prozent der Stimmen entschied Robert Biedron die Stichwahl für sich.

Mit 57 Prozent der Stimmen entschied Robert Biedron die Stichwahl für sich.

Foto: ap

"So kann man, wenn man es will, Berge bewegen", sagte Robert Biedron nach seinem Wahlsieg. 57 Prozent der Stimmen holte er in Slupsk und ist damit neuer Bürgermeister der Ostseestadt. Dabei hatten ihm Beobachter zunächst wenig Chancen eingeräumt. Doch in der Stichwahl konnte er sich der Mann, der als Parteiloser antrat, klar gegen seinen Herausforderer Zbigniew Konwinski durchsetzen. Ein Unbekannter aber war Biedron für die Menschen in Polen vor seiner Wahl bei Weitem nicht.

Denn der 38-Jährige hatte bereits im Jahr 2011 ein kleines Stück Geschichte geschrieben. Damals wurde er über die Liste der anti-kleralen linken Partei Twoj Ruch als erster offen schwuler Abgeordneter ins polnische Parlament gewählt. Nun aber wollte er Bürgermeister einer kleinen Provinzstadt werden, und auf dem flachen Land werden Homosexuelle oftmals immer noch mit besonders vielen Vorurteilen konfrontiert.

Parteikollege: "Bin stolz auf die Einwohner von Slupsk"

Das bekam auch Biedron im Wahlkampf zu spüren. So sah er sich etwa bei einem Basketballspiel Anfeindungen ausgesetzt. Am Montag sagte er aber, dass einige Fans dann doch für ihn gestimmt hätten — weil sie seinen Mut würdigten, zu dem Spiel zu kommen. Auch war er mehrfach körperlich angegriffen worden in den vergangenen Jahren.

Dass er nun so deutlich gewann, sieht denn auch sein Parteikollege Andrzej Rozenek als Signal. "Das zeugt davon, dass all die Vorurteile, die bisher in der polnischen Politik dominierten, beiseite geschoben wurden", zitiert ihn tagesschau.de. "Ich bin stolz auf die Einwohner von Slupsk, ich bin stolz auf Robert Biedron, ich gratuliere ihm zu diesem Ergebnis und hoffe, es wird so weitergehen."

Biedron selbst aber geht es mehr um seinen Weg einer "moderaten Politik", den er in Slupsk einschlagen will, als allein um ein Signal der Toleranz. Der Mann, der sich durch seinen Fleiß und seine Ernsthaftigkeit viel Anerkennung als Mitglied des Justizausschusses erworben hat. "Es ist mir nie passiert, dass jemand über meine sexuelle Orientierung während eines Gespräches hier auf den Straßen von Slupsk reden wollte", sagte er tagesschau.de "Die Menschen interessierten die Fragen der Arbeitslosigkeit, der Infrastruktur der EU-Fonds, viele bestimmte Sachen — aber bestimmt nicht meine sexuelle Orientierung."

Fahrrad statt Dienstwagen

Und so war er auch mit dem Slogan "Endlich Wandel" in der 100.000-Einwohner-Stadt angetreten. Dort will er sich für die Einsparung von Energie einsetzen, mit dem Fahrrad statt Dienstwagen zur Arbeit kommen (und hofft, das es ihm die Bürger gleich tun) und in der Stadt kostenlos Internet anbieten.

Der Politologe und Verleger war übrigens nicht der einzige schwule Politiker, der sich für die Wahl aufstellen ließ. Im Gegenteil: Diesmal kandidierten so viele Homosexuelle wie noch nie. Biedron ist dennoch der einzige, der auch gewählt wurde. Das könnte zum einen daran liegen, dass viele noch jung sind und das erste Mal antraten. Zum anderen aber kandidierten sie vor allem für linke Kandidaten, die bei den Kommunalwahlen weniger gut abgeschnitten hatten.

mit Agenturmaterial

(das)
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