Frankreich will mit Nato-Rückkehr Einfluss ausbauen Sarkozy geht mit Volldampf an die Kommandostellen

Paris (RPO). Neue Profilierungsbaustelle für Mister Sarkozy: Mit Volldampf steuert Frankreichs Präsident auf die vollständige Rückkehr in die Kommandostrukturen der Nato zu. Am Mittwoch legte er sich endgültig auf diese Entscheidung fest, die zum Nato-Gipfel Anfang April umgesetzt werden soll. Doch bis dahin muss Sarkozy zuhause noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten.

Sarkozy: Höhepunkte seiner Ratspräsidentschaft
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Denn der Schritt hat hohe Symbolkraft. Kein Geringerer als Republikgründer Charles de Gaulle hatte 1966 entschieden, das Land nach dem Aufstieg zur Atommacht aus der militärischen Kommandostruktur zurückzuziehen. De Gaulle, der die Nato als "Trojanisches Pferd" der US-Interessen sah, wollte damit Frankreichs Status als eigenständige Macht zwischen den Blöcken im Kalten Krieg unterstreichen.

Auch nach dem Zusammenbruch des Ostblocks habe Frankreich "die Idee einer kleinen Autonomie aufrechterhalten", sagt Jean-Pierre Maulny vom Institut für internationale und strategische Beziehungen (Iris). "Die war zwar fiktiv, aber sehr nützlich im diplomatischen Bereich." Gleichzeitig hat Frankreich seit 1995 an jedem Nato-Militäreinsatz teilgenommen - von Bosnien über den Kosovo bis Afghanistan. Doch bei der Planung der Einsätze konnten die französischen Generäle nur bedingt mitreden und fühlten sich oft überrumpelt.

"Der Moment ist gekommen, dieser Situation ein Ende zu setzen, weil es im Interesse Frankreichs und Europas ist", sagte Sarkozy am Mittwoch. Durch die Rückkehr werde Frankreich "stärker und einflussreicher". Anders als von seinen Kritikern behauptet, stehe dabei die Unabhängigkeit Frankreichs nicht in Frage. Sarkozy verwies ausdrücklich darauf, dass auch Deutschland 2003 trotz seiner vollständigen Zugehörigkeit zur Nato 2003 nicht in den Irak-Krieg gezogen sei.

Zwar unterstützen nach Umfragen 52 bis 58 Prozent der Franzosen die Rückkehr, doch im Parteiengefüge knirscht es kräftig: Nicht nur die linke Opposition, auch mehrere Mitglieder von Sarkozys neogaullistischer Regierungspartei UMP machen gegen den Plan mobil. Um die Kritiker einzufangen, beschloss das Kabinett am Mittwoch, eine Parlamentsdebatte über die Nato am 17. März mit der Vertrauensfrage zu verknüpfen. Erhält die Regierung dabei keine Mehrheit, würde sie stürzen.

Auch wenn das unwahrscheinlich ist, steht Sarkozy unter Erklärungsdruck. Er selbst hat zur Bedingung für die Nato-Rückkehr gemacht, erst die europäische Verteidigungspolitik zu stärken. Denn das könnte Unabhängigkeit gegenüber den USA demonstrieren. "Aber die angestrebte Dramaturgie hat nicht funktioniert", sagt Henning Riecke von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Unter anderem wegen des Neins der Iren zur EU-Reform habe sich in diesem Bereich kaum etwas bewegt.

Sarkozys zweite Bedingung, zentrale Posten im Bündnis zu erhalten, scheint derweil erfüllt. Paris erhält nun genauso viele Generalsposten wie Großbritannien und Deutschland. Die USA überlassen Frankreich dabei das Regionalkommando für Afrika und den Atlantik in Lissabon und das Hauptquartier für die Reform der Allianz im US-Bundesstaat Virginia. Vor allem Letzteres sieht Paris als Schlüssel, um auf die Ausrichtung des Bündnisses Einfluss zu nehmen.

Wie seinen Augapfel hütet Frankreich weiter seine Atomstreitmacht. Ob es wieder in der Nuklearen Planungsgruppe (NPG) mitarbeitet, lässt Paris offen. "Die Entscheidung über den Atomeinsatz kann nicht geteilt werden", sagt Sarkozy.

(AFP)
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