US-Besuch des Finanzministers Scholz ist Merkels Vorhut

Als Vizekanzler wirbt Olaf Scholz in Washington für eine Lösung des transatlantischen Handelsstreits, als Finanzminister für die IWF-Beteiligung am Griechenland-Rettungsprogramm.

 Olaf Scholz spricht vor dem Weißen Haus mit Journalisten.

Olaf Scholz spricht vor dem Weißen Haus mit Journalisten.

Foto: afp

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat sich nach einem Gespräch mit US-Vizepräsident Mike Pence zuversichtlich geäußert, dass die EU eine dauerhafte Ausnahme von den US-Strafzöllen auf Stahl- und Aluminium-Exporte erreichen kann. "Wir arbeiten alle gemeinsam daran, eine gute Lösung zu finden", sagte Scholz nach dem Gespräch im Weißen Haus. Die USA hätten verstanden, dass die EU in Handelsfragen als Einheit auftrete. "Das ist eine gute Grundlage dafür, dass wir dann am Ende zu einer vernünftigen Lösung finden", sagte Scholz.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reist am 27. April zu US-Präsident Donald Trump nach Washington - Scholz ist gewissermaßen ihre Vorhut. Anlass seiner Reise ist die Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und das G20-Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der wichtigsten 20 Nationen.

Drohung steht im Raum

Trump hatte Importzölle von 25 Prozent auf Stahl und Aluminium angedroht, die EU davon bis Ende April aber vorerst ausgenommen. In Verhandlungen versuchen beide Seiten nun bis zum 1. Mai die Kuh wieder vom Eis zu bekommen. Hinzu kommt, dass Trump wegen der Eskalation des Syrien-Konflikts vor zwei Wochen empfindliche Sanktionen gegen russische Oligarchen und Konzerne verhängt hatte. Scholz wollte bei Pence dafür werben, dass deutsche Unternehmen, die in Russland Tochterunternehmen unterhalten, von diesen US-Sanktionen nicht tangiert werden. Darauf dringt zuhause vor allem der mächtige Industrieverband BDI.

Deutschland stehe für Freihandel, der auf den Regeln der Freihandelsorganisation WTO beruhe, sagte Scholz in Washington. Er forderte Trump damit indirekt auf, mit der Androhung von Zöllen vor die WTO zu gehen und dort zu versuchen sie durchzusetzen. Die angedrohten Strafzölle sind nach Auffassung Berlins nicht regelkonform. Trump hatte sie damit begründet, dass die nationale Sicherheit der USA durch Stahl-Dumping anderer Länder gefährdet sei.

Nicht mit leeren Händen

Trump hatte mit dieser Einschüchterungspolitik gegenüber anderen Ländern schon Erfolg: Südkorea gestand ihm Handelserleichterungen zu, auch China will sich bewegen. Wie weit auch die EU Trump entgegenkommen kann, klären die 28 Mitgliedstaaten gerade noch untereinander. Merkel dürfte kommende Woche nicht mit leeren Händen nach Washington reisen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) soll bereits niedrigere EU-Importzölle für amerikanische Autos ins Spiel gebracht haben, hatte dafür aber Kritik einstecken müssen. Das könne nicht die Lösung sein, sagt auch Scholz.

Für die Exportnation Deutschland ist ein Ende der Verunsicherung im transatlantischen Handel von enormer Bedeutung. Denn sollte der Streit eskalieren, könnten auch andere Sektoren wie die wichtige Automobilindustrie hineingeraten. Der BDI fordert deshalb ein besonnenes Handeln der EU, kein Drehen an der Eskalationsspirale.

Das sieht auch Scholz so, der sich in Washington staatstragend gibt: "Die USA sind ein wichtiger Partner unseres Landes und die transatlantische Partnerschaft ist ein Pfeiler unserer Außenpolitik", sagt er. Den von Trump kritisierten hohen deutschen Handelsüberschuss gegenüber den USA erklärt der SPD-Politiker wie schon sein Vorgänger Wolfgang Schäuble von der CDU mit der enormen Wettbewerbsfähigkeit vieler deutscher Mittelständler: Diese "Hidden Champions" seien auf den Weltmärkten erfolgreich unterwegs, der Überschuss habe also nichts mit unfairen EU-Handelsregeln zu tun, wie Trump behauptet.

Feine Unterschiede

Auch in anderen zentralen Fragen zeigt der SPD-Minister, dass sich seine Politik von der seines CDU-Vorgängers nur in Nuancen unterscheiden wird. Deutschland werde seine solide Haushaltspolitik fortsetzen, sagt Scholz. Indem Deutschland keine Schulden abbaue, sondern nur bei sehr guter Konjunkturlage keine neuen Schulden aufnehmen wolle, betreibe es genau jene expansive Finanzpolitik, die etwa der Internationale Währungsfonds (IWF) seit Jahren von Berlin fordert. Die Bundesregierung investiere in den nächsten Jahren weiter kräftig in Bildung und Infrastruktur, die Löhne würden wegen hoher Tarifabschlüsse stark steigen.

Auch bei der anstehenden Reform der Euro-Zonen-Politik ziehen Scholz und Merkel an einem Strang, ebenso in der heiklen Griechenland-Frage.Das Land soll im Sommer endgültig aus dem laufenden EU-Rettungsprogramm entlassen werden. Damit der Übergang gelingt und sich Griechenland vom Herbst an wieder selbst am Kapitalmarkt frisches Geld leihen kann, wollen die EU-Finanzminister bereits am 27. April in Sofia noch einmal Schuldenerleichterungen für Athjen beschließen - etwa eine weitere Verlängerung der Kreditlaufzeiten. Diskutiert wird auch, ob Griechenland übrig gebliebenes Geld aus dem 86-Milliarden-Rettungsprogramm nutzen darf, um Staatsanleihen von der Europäischen Zentralbank zurückkaufen zu können. Dadurch könnte es von teuren Zinslasten befreit werden.

Streit um Griechenland

Solche Schuldenerleichterungen werden auch deshalb nötig, weil Scholz ein Versprechen seines Vorgängers einlösen will: Der zögerliche IWF soll sich zum Abschluss des Rettungsprogramms doch noch mit 1,6 Milliarden Euro beteiligen. Das will der Fonds aber nur tun, wenn die Europäer zusagen, Athen so stark zu entlasten, dass es künftig seine Auslandsschulden aus eigener Kraft tragen kann. Am Freitag wird Scholz darüber mit IWF-Chefin Christine Lagarde in der sogenannten "Washington Group" verhandeln.

Neue Schuldenerleichterungen für Griechenland etwa durch nochmals verlängerte Kreditlaufzeiten sind aber zuhause in Berlin vor allem in der Unionsfraktion umstritten. Die Bundestagsmehrheit der großen Koalition ist in dieser Wahlperiode aber deutlich kleiner als in der letzten. Viele Abweichler kann sich die Koalition nicht leisten. Scholz wird die Unionskritiker einfangen müssen. Auch deshalb will er sich in der Griechenland-Politik von der seines Vorgängers kaum unterscheiden.

(mar)
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