Moslems fordern eigene Gesetze Schweden: Islam-Staat im Staate?

Stockholm (RP). Schwedische Muslime fordern eigene Gesetze gemäß der Scharia. In der Türkei richtet ein Islamist ein Blutbad unter missliebigen Richtern an. Die Türken drohen Paris wegen Armenien - Konfliktherde zwischen dem Islam und der westlichen Moderne.

Unter Proteststürmen forderte der größte muslimische Interessenverband Schwedens Regierung und Opposition auf, besondere Gesetze für im Lande lebende Moslems einzuführen. "Sveriges Muslimska Förbund" ist mit seinen rund 70.000 Mitgliedern der einflussreichste Interessenverband im Königreich. Unter anderem forderte er, dass Scheidungen zwischen Moslems durch einen Imam abgenickt werden sollen, bevor sie rechtskräftig werden. "Es ist die Rolle des Imam zu vermitteln, so dass Familien weiterhin zusammenleben können. Das ist die größte Aufgabe, die wir haben. Scheidungskinder wollen wir nicht", sagte Mahmoud Aldebe, Vorsitzender der Moslem-Organisation.

Das staatliche schwedische Fernsehen "SVT" hob den langen Forderungskatalog des Verbandes in die Hauptnachrichtensendung, und seitdem wird heftig im Königreich diskutiert. Es wurde sogar spekuliert, ob die 300.000 Mitglieder zählende moslemische Gemeinde die Reichstagswahlen im Herbst boykottiert, sollten die Forderungen nach einer besonderen Gesetzgebung für Muslime nicht durchgesetzt werden. Es gehe darum, so die Berichte, in Schweden lebende Moslems den Status einer zu schützenden Minderheit zu geben, ähnlich der dänischen Minderheit in Norddeutschland, deren Partei beispielsweise von der Fünf-Prozent- Klausel ausgenommen ist.

Beispiele aus dem Forderungskatalog, den der "Muslimska Förbund" an alle Reichstagsparteien verschickte: Moslems sollen danach für das Freitagsgebet und für andere wichtige islamische Feiertage arbeitsfrei bekommen. Imame (geistliche Führer im Islam) sollen muslimische Kinder in den staatlichen Schulen in Glaubensfragen und in der Heimatsprache unterrichten - an Stelle des in Schweden üblichen neutralen Unterrichts über Religionen. Auch der für Jungen und Mädchen gemeinsame Schwimm- und Sportunterricht an den Schulen soll abgeschafft werden. Zudem sollen besondere Frauentage für Schwimmbäder eingeführt sowie zinsfreie Bankdahrlehen für den Bau von Moscheen bereitgestellt werden. Für Aufsehen sorgte auch eine von dem "Muslimska Förbund" herausgegebene Broschüre, die vom Einwanderungsamt finanziert wurde. Titel: "Islam für schwedische Muslime". Darin wird etwa behauptet, dass Männer das Oberhaupt der Familie sind, dass sie rationaler sind als Frauen und dass der obligatorische Sexualkunde-Unterricht an schwedischen Schulen die Moral der Muslime untergräbt.

Gerade im auf Gleichstellung zwischen Mann und Frau besonders bedachten Schweden stießen die Forderungen auf scharfe Kritik - auch und gerade bei den zahlreichen liberaleren Moslems in Schweden, einem Land, das in der Flüchtlings- und Einwanderungspolitik eine betont weiche Linie gegenüber Ausländern fährt und im Bereich Ausländerintegration als vorbildlich gilt. So machten sich während der Ausschreitungen in Frankreichs Vororten zahlreiche französische Journalisten auf den Weg in den Norden Stockholms, um den Ausländer-Stadtteil Rinkeby als Modell für gelungene Integrationsarbeit genauer unter die Lupe zu nehmen. Die schwedische Regierung erteilte den Forderungen der Moslem-Organisation eine deutliche Abfuhr. "In Schweden wollen wir keine getrennte Gesetzgebung. Hier sind wir alle gleich vor dem Gesetz. Wir haben lange dafür gekämpft, eine die Geschlechter gleichberechtigende Gesetzgebung durchzusetzen. Mit solchen Vorschlägen zu kommen, ist vollständig inakzeptabel", sagte der sozialdemokratische Gleichstellungs- und Integrationsminister Jens Orbeck.

Gleichzeitig warnte er, dass solche unsinnigen Forderungen Wind in die Segel der Rechtsextremen blasen würden. "Es ist sehr traurig, dass Menschen, die so lange in Schweden leben, mit Vorschlägen kommen, die völlig gegen unsere Grundsätze gerichtet sind."

Einige Oppositionsparteien forderten bereits die Überprüfung der staatlichen Förderung der moslemischen Organisation die im vergangen Jahr rund 1,5 Millionen Kronen an staatlicher Unterstützung erhielt - und wurden daraufhin des Rechtspopulismus bezichtigt.

Mahmoud Albede vom "Muslimska Förbund" versteht die Aufregung angeblich nicht und wiegelt ab. "Ich fordere keine getrennte Gesetzgebung, sondern will lediglich die Gesetze so anpassen, dass sich die moslemische Minderheit Schwedens sicher aufgehoben fühlt", sagte er. "Wir wollen, dass Muslime ein Teil der Gesellschaft sind, sie sollen sich zwar integrieren, aber so, wie sie es möchten. Sie sollen nicht zur Assimilation gezwungen werden."

(Rheinische Post)
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