Flüchtlingskrise Schweden kontrolliert wieder an den Grenzen

Stockholm/Valletta · Wer nach Schweden einreist, muss ab Donnerstagmittag vorübergehend wieder seinen Pass vorzeigen. Das Land reagiert mit den neuen Grenzkontrollen auf die große Zahl an Flüchtlingen. Das Schengen-System gerät immer mehr unter Druck. Flüchtlinge wurden bereits aufgefordert, zurück nach Deutschland zu gehen oder sich selbst eine Unterkunft zu suchen.

 Die neuen Grenzkontrollen wurden von Schwedens Innenminister Anders Ygeman angekündigt.

Die neuen Grenzkontrollen wurden von Schwedens Innenminister Anders Ygeman angekündigt.

Foto: dpa, hm mr

Die Maßnahme sei vorerst auf zehn Tage begrenzt, wie Innenminister Anders Ygeman am Mittwochabend ankündigte. Zuvor hatten bereits andere EU-Staaten wieder Grenzkontrollen eingeführt, darunter auch Deutschland. Seit September sind 80 000 Asylbewerber nach Schweden eingereist. An den Grenzstationen herrschen zum Teil chaotische Zustände. Die Kontrollen sollen einen geordneteren Empfang ermöglichen.

Schweden nimmt relativ gesehen von allen EU-Ländern die meisten Asylbewerber auf und hat zunehmend Schwierigkeiten mit der Unterbringung. Migrationsminister Morgan Johansson hatte vor einigen Tagen erklärt, Schweden könne Flüchtlingen keine Unterkunft mehr garantieren. Neuankömmlinge müssten nach Dänemark oder Deutschland zurückkehren oder sich selbst eine Unterkunft suchen. "Wir haben die Grenze des Machbaren erreicht", sagte der Minister.

Spitzenvertreter der EU und afrikanischer Staaten wollen am Donnerstag auf Malta ihren Sondergipfel zur Flüchtlingskrise abschließen. Sie wollen dazu in der Hauptstadt Valletta einen gemeinsamen Aktionsplan beschließen. Zur besseren finanziellen Unterstützung afrikanischer Länder soll zudem ein milliardenschwerer Treuhandfonds besiegelt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vertritt Deutschland bei dem Treffen von über 60 Ländern.

Die EU-Staaten müssen nach Ansicht von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker mehr in den neuen Nothilfe-Fonds für Afrika einzahlen. Seine Behörde habe dafür bereits 1,8 Milliarden Euro bereitgestellt, sagte Juncker am Mittwoch in Valletta. "1,8 Milliarden reichen nicht aus." Bisher hätten 25 der 28 EU-Staaten geringe Beträge für den Topf angeboten.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warnte davor, Flüchtlinge auf Kosten der Entwicklungshilfe zu versorgen. "Wenn die nötigen Gelder für arme Regionen in solch kritischer Zeit umgeleitet werden, könnte das die Herausforderungen nur verschärfen", sagte Ban am Mittwoch (Ortszeit) in New York.

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"Wer die Entwicklungshilfe reduziert, um die Kosten des Flüchtlingsstroms zu tragen, handelt kontraproduktiv und erzeugt einen Kreislauf, der schädlich ist für Gesundheit, Bildung und Chancen auf ein besseres Leben in der Heimat von Millionen verletzlichen Menschen überall auf der Erde." Mehrere Länder hatten zuvor angekündigt, bei der Entwicklungshilfe sparen zu wollen, um die Aufnahme von Flüchtlingen zu finanzieren.

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(hebu/dpa)
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