Kritik an Menschenrechtslage in Saudi-Arabien Saudis empört über Sigmar Gabriel

Riad · Im Spagat zwischen wirtschaftlichen Interessen und Menschenrechten hat sich Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) für die Menschenrechte entschieden. Beim Besuch in Riad setzte er sich für den Blogger Raef Badawi ein - und stieß auf empörte Reaktionen.

 Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel löste beim Besuch in Riad wenig Begeisterung aus.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel löste beim Besuch in Riad wenig Begeisterung aus.

Foto: dpa, bvj pzi

Gabriel wies nach Angaben einer Sprecherin in Gesprächen mit Regierungsvertretern in Riad am Sonntag darauf hin, dass die harte Bestrafung Badawis die Beziehungen zwischen Deutschland und Saudi-Arabien belaste.

Das Schicksal Badawis bewegt die weltweite Öffentlichkeit seit Wochen: Der 31-jährige Blogger war wegen Beleidigung des Islams zu tausend Stockhieben sowie zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Bislang musste Badawi Anfang Januar 50 Hiebe erdulden.

Gabriel traf sich am Sonntag in Riad zunächst mit Kronprinz Mukren bin Abdelasis und mehreren Ministern. Er habe in den Gesprächen darauf hingewiesen, dass die körperliche Bestrafung Badawis für unsere Rechtsordnung unvorstellbar sei, erklärte die Ministeriumssprecherin in Berlin. Auch in einem Gespräch mit König Salman habe Gabriel neben Wirtschaftsfragen die Themen Menschenrechte und Rüstungsexporte thematisiert.

 Demonstranten fordern von Sigmar Gabriel Hilfe für den Blogger Raif Badawi.

Demonstranten fordern von Sigmar Gabriel Hilfe für den Blogger Raif Badawi.

Foto: ap, GB KV

Man muss das wohl als eine Art Gnadengesuch verstehen. Die harte Strafe, zehn Jahre Haft und 1000 Stockschläge für Badawi, habe doch Riads Ansehen geschadet "und zu einer tiefen Verunsicherung und Verstörung in Deutschland geführt". Diplomaten zweifeln am Erfolg von Gabriels Vorstoß.

Das Königreich wies die internationale Kritik an der Verurteilung Badawis scharf zurück. Die Regierung in Riad verurteilte "die Medienkampagne um den Fall Raef Badawi". Saudi-Arabien "akzeptiert keine Form der Einmischung in seine inneren Angelegenheiten", zitierte die amtliche Nachrichtenagentur Spa einen Sprecher des Außenministeriums. Riad akzeptiere auch "keinen Angriff im Namen der Menschenrechte, da seine Verfassung auf der Scharia beruht, die Menschenrechte garantiert".

Schon im Vorfeld des Treffens waren die Machthaber in Saudi-Arabien schwer irritiert bis verärgert, dass die Deutschen ihnen keine schweren Waffen mehr liefern wollen, Kampfpanzer sowieso nicht. Und das, obwohl sie sich selbst als Stabilitätsanker in der Region verstehen und nun die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) an den Landesgrenzen steht.

Gabriels Kritik hat dem nun gewissermaßen die Krone aufgesetzt. Er hat gemessen an der sonst üblichen diplomatischen Contenance kein Blatt vor den Mund genommen, dabei aber wohl schon bei seiner Abreise am Samstag Porzellan zerbrochen, als er am Berliner Flughafen Tegel von Demonstranten eine Petition mit 1,1 Millionen Unterschriften und einen Brief von Badawis Frau entgegennahm und öffentlich für Fotos posierte.

In der Petition wird Gabriel aufgerufen, Rüstungsexporte auszusetzen, solange international anerkannte Menschenrechte nicht eingehalten werden. Die Lieferung deutscher Waffen in das immer wieder wegen Menschenrechtsverletzungen kritisierte Saudi-Arabien ist auch innerhalb der Bundesregierung umstritten. Gabriel und die SPD machten sich hier zuletzt für eine restriktive Politik stark.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) rief die SPD hingegen auf, ihre Einstellung zu Rüstungsexporten zu überdenken. Es mache ihm Sorgen, dass europäische Rüstungspartner wie die Franzosen wegen deutscher Exportrichtlinien Zweifel an der Zusammenarbeit mit deutschen Rüstungsfirmen äußerten, sagte Kauder der "Leipziger Volkszeitung".

Neben Menschenrechten und Rüstungsexporten ging es bei den Gesprächen in Riad vor allem um Wirtschaftsthemen. Wie die Nachrichtenagentur Spa berichtete, vereinbarten Gabriel und Finanzminister Ibrahim al-Assaf, die wirtschaftliche Zusammenarbeit auszubauen. Am Sonntag reiste Gabriel weiter in die Vereinigten Arabischen Emirate.

(AFP)
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