Ehemaliger Ministerpräsident Italiens "Die Wiederauferstehung Berlusconis"

Rom · Er ist rechtskräftig verurteilt und flog aus dem Senat: Doch für Berlusconi scheint es noch nicht das Ende der Fahnenstange zu sein. Und nicht nur er möchte Italien gern außerparlamentarisch regieren.

Das bedeutet das Steuer-Urteil für Berlusconi
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Vielleicht hatten manche geglaubt, nach dem Rauswurf des rechtskräftig verurteilten Silvio Berlusconi aus dem Parlament käme Italiens Regierungspolitik in ruhigere Gewässer. Mitnichten. Es kann auch der eine oder andere gehofft haben, der "Cavaliere" würde sich jetzt in eine seiner Villen zurückziehen und andere die Politik machen lassen. Weit gefehlt! Der Mailänder Milliardär und Medienzar mischt auch nach dem Auszug seiner Getreuen aus der Regierung von Enrico Letta munter mit. Und es ist ausgerechnet der neue Star am linken Polit-Himmel, der Florentiner Bürgermeister Matteo Renzi, der ihn hoffähig hält.

Der eine ist mehr populistisch, der andere eher postideologisch eingefärbt. Sie schätzen sich. Renzi ist inzwischen Chef der größten Regierungspartei PD (Demokratische Partei) und immer einflussreicher.
Er will ein höhere Schlagzahl bei den Reformen des hochverschuldeten und in langer Rezession versunkenen Landes. So trifft er sich mit Berlusconi in "tiefer Harmonie", um mit der Leitfigur der Rechten auszuhandeln, wie das nationale Wahlrecht reformiert und das Parlament stromlinienförmiger gemacht werden soll. Ein guter Teil von Renzis sozialdemokratischer Partei heult da auf, kündigt Widerstand an - bisher war ein Zusammengehen mit Berlusconi für sie absolut tabu. Und Letta soll seinem Parteichef deshalb mit Rücktritt gedroht haben.

"Die Wiederauferstehung Berlusconis aus der Asche bringt die Linke in Rage." So kommentierte die linksliberale römische "La Repubblica" die Tatsache, dass Renzi den vielfach politisch totgesagten "Gegner" im Spiel hält. Und riskiert, dass die stärkste Partei, seine Partei, sich nur weiter selbst zerlegt und die auch von Minister-Skandalen gebeutelte Regierung an einem Faden hängen könnte. Es hat sich also wenig in dem Chaosland Italien verändert, nur kommen nun noch einige Kuriositäten dazu. Ob diese den Reformweg erleichtern, ist fraglich.

Das abgelaufene Jahr brachte der Ewigen Stadt zwei Päpste - Benedikt XVI. trat zurück, Franziskus kam auf den Stuhl Petri. Das Jahr 2014 dagegen beginnt Rom mit zwei Regierungschefs, so witzelten politische Beobachter: Enrico Letta arbeitet im Palazzo Chigi mit dem Parlament, während Renzi ihm sagt, wo es langgehen solle. Nein, er wolle den Regierungschef nicht aus dem Amt drängen, beteuert Renzi, lässt aber keine Gelegenheit aus, die Regierung als ineffektiv zu kritisieren. Mangelnder Ehrgeiz zeichnet den Aufsteiger nicht aus.

Man kann es auch so sehen: Italien wird jetzt außerparlamentarisch regiert.Berlusconi flog aus dem Senat, Renzi ist Regionalpolitiker, der nach einem immensen Erfolg bei der Wahl zum Parteichef der PD nun seine nationalen Interessen untermauert sieht und sie zementiert. Und daneben gibt es noch einen, der auch nicht im Parlament sitzt, aber weiter versucht, an den Strippen zu ziehen: Beppe Grillo, Leitfigur der bei den Wahlen 2013 sehr erfolgreichen populistischen "Bewegung Fünf Sterne" (M5S), der gegen die "politische Kaste" wettert und der Berlusconi wie auch Renzi gerne Sand in das Getriebe werfen möchte.

In Rom könnte es jetzt zwar zu einer Regierungsumbildung kommen, das Ende Lettas ist allerdings noch nicht unbedingt in Sicht. Und die sehr dringende Wahlrechtsreform, seit Jahren diskutiert und auch vom Verfassungsgerichtshof verlangt, kommt nicht über Nacht. Also können die politischen Karten weiter neu gemischt werden, besorgt beobachtet

von Staatschef Giorgio Napolitano, der Letta stützt und allein noch im Quirinale-Präsidentenpalast sitzt, um größere Krisen abzuwenden.

(dpa)
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