Interview mit dem britischen Botschafter "EU muss Sanktionen gegen Russland verlängern"

Düsseldorf · Der britische Botschafter Sir Simon McDonald spricht im Interview über den bevorstehenden Besuch der Queen in Deutschland, über die Gefahr eines Ausstiegs der Griechen aus der EU und über die Ukraine-Krise.

 Der britische Botschafter Sir Simon McDonald sprach mit unserer Redaktion.

Der britische Botschafter Sir Simon McDonald sprach mit unserer Redaktion.

Foto: Bettina Volke

Die Queen kommt in zwei Wochen nach Deutschland. Was sind die wichtigsten drei Dinge, die ein Botschafter im Vorfeld beachten muss?

McDonald Erstens muss ich dafür sorgen, dass unsere sehr guten Vorbereitungen auch wirklich exakt umgesetzt werden. Zweitens sind wir vom Wetter abhängig. Wir brauchen neben dem Ablauf, wie wir ihn uns wünschen ein Schlecht-Wetter-Programm. Und drittens wollen wir es ermöglichen, dass das deutsche Publikum der Königin begegnen kann. Da stehen wir im Spannungsfeld zwischen Offenheit und Sicherheit.

Nordrhein-Westfalen hatte gehofft, dass die Queen auch nach NRW kommt. Warum hat das nicht geklappt?

McDonald Ich habe so viele Briefe von Ministerpräsidenten bekommen.

16 Stück?

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McDonald Ich glaube, es waren 16. Das ist nun der fünfte Besuch der Königin in Deutschland. Wir haben uns die Programme der vorherigen Besuche angesehen. Beim vergangenen Besuch war die Königin in Nordrhein-Westfalen.

NRW muss also zehn Jahre auf den nächsten Besuch warten?

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McDonald Das könnte sein.

Mit welcher Botschaft wird die Queen nach Deutschland kommen?

McDonald Sie wird mit einer einfachen Botschaft kommen. Sie verkörpert Großbritannien und als Persönlichkeit ist sie ein Symbol für Stabilität, Kontinuität und Pflicht. Ihr Besuch ist auch ein Zeichen für die engen Beziehungen zwischen Großbritannien und Deutschland.

Wie ist das Verhältnis zwischen der Queen und dem deutschen Präsidenten?

McDonald Sie haben sich 2012 bei einem Besuch von Präsident Gauck im Buckingham Palast kennengelernt. Die Königin hatte den Präsidenten zu einem Mittagessen in kleinem Kreis eingeladen. Ich war dabei. Das Gespräch war sehr lebhaft und angeregt. Sie haben sich sehr gut verstanden.

Sie sagen, dass die Queen als Symbol für Großbritannien für Stabilität und Kontinuität steht. Gilt das auch für den Verbleib der Briten in der EU?

McDonald Die Königin ist auch ein Hinweis, dass mein Land ein wenig anders ist. Die nationalen Institutionen sind in Großbritannien sehr wichtig, sehr tradiert und hoch geschätzt. Diese Institutionen wollen wir behalten. Dieses Geschichtsverständnis erklärt auch die derzeitigen Differenzen zwischen Großbritannien und dem Festland. Andererseits: Am Ende sind wir alle Europäer. Wir brauchen einander. Grundsätzlich ist Europa ein Vorteil für Großbritannien. Daher lautet die Botschaft aus London, dass man Kontinuität will. Premier David Cameron weiß aber auch, dass das britische Publikum nicht so begeistert ist. Deshalb brauchen wir eine neue Debatte, mehr Mitbestimmung und eine neue Legitimation durch ein Referendum für die EU.

Ist das Referendum nicht ein großes Risiko?

McDonald Ja, es ist ein gewisses Risiko. Cameron will es minimieren, indem er mit seinen Partnern über eine Reform der EU verhandelt.

Dafür hat er aber noch nicht viele Fürsprecher in der EU gewinnen können.

McDonald Fast alle europäischen Länder haben inzwischen mit wachsenden anti-europäischen Bewegungen zu kämpfen. In Frankreich gibt es den Front National, in Deutschland haben Sie die AfD. Die Analyse meines Premierministers ist, dass es eine Lücke zwischen der Bevölkerung und den Institutionen in Brüssel gibt. Wir brauchen eine größere Rolle für nationale Parlamente. Wir brauchen ein wettbewerbsfähiges Europa, die Vollendung des Binnenmarkts auch im digitalen und im Dienstleistungsbereich. Wir brauchen Handelsabkommen mit anderen Regionen in der Welt.

Braucht Europa Großbritannien. Würde es ohne Sie auseinanderfallen?

McDonald Ich bin der britische Botschafter in Deutschland. Das ist sicher mein Ansatz - allerdings nicht so holzschnittartig. Großbritannien ist eines der wichtigsten europäischen Länder. Das zeigt sich in der Verbindung zur USA und zum Commonwealth, das gilt auch für die britische Armee und den diplomatischen Dienst.

Im Umgang mit dem russischen Präsidenten Putin hat Europa ja bisher gezeigt, dass es zusammenhalten kann. Ist das auch die britische Sicht?

McDonald Ja. In der Ukraine-Frage steht Großbritannien unverbrüchlich an der Seite von Kanzlerin Merkel. In diesem Fall spricht Merkel für Europa und den Westen insgesamt. Sie hat die Führung für alle Alliierten.

Rechnen Sie mit weiteren Sanktionen?

McDonald Die Sanktionen sind ein wichtiger Teil der Reaktion auf das russische Vorgehen. Der Europäische Rat muss die Sanktionen Ende des Monats verlängern. Das ist unsere Erwartung. Wenn sich der Konflikt weiter zuspitzt, dann müssen wir bereit sein, noch mehr Sanktionen zu verhängen. Wir wünschen das natürlich nicht, müssen es aber als Möglichkeit in Betracht ziehen.

Es gibt Verstimmungen zwischen Deutschland und den USA, was die Geheimdienste im Land der anderen dürfen. Sind die Deutschen zu empfindlich in dieser Frage?

McDonald Diese Themen kommentieren wir nicht in der Öffentlichkeit. Ich kann aber so viel sagen, dass die Zusammenarbeit zwischen den Diensten sehr eng sein muss. Wir haben gemeinsame Herausforderungen, Stichwort Islamischer Staat. Diese Herausforderungen werden leider weiter wachsen. Deshalb brauchen die westlichen Geheimdienste eine noch engere Zusammenarbeit.

Eva Quadbeck führte das Gespräch.

(qua)
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