Krawalle vor Räumung So sieht es im "Dschungel von Calais" aus

Calais · Die Pariser Regierung startet ein riskantes Vorhaben: Die Auflösung eines Flüchtlingslagers mit mehr als 6000 Menschen. Vor der Räumung des Lagers im nordfranzösischen Calais ist die Stimmung angespannt. In der Nacht kam es erneut zu heftigen Krawallen. Unser Fotograf hat Eindrücke vor Ort festgehalten.

So sieht es im "Dschungel von Calais" aus
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Im sogenannten "Dschungel von Calais" sammeln sich seit Jahren Menschen, die illegal nach Großbritannien gelangen wollen. Die französische Regierung will das umstrittene Lager, in dem nach offiziellen Angaben etwa 6500 Menschen leben, von diesem Montag an auflösen. Die Räumung soll etwa eine Woche dauern, im Einsatz sind nach offiziellen Angaben rund 1250 Polizisten.

Nächtliche Zusammenstöße

Wenige Stunden vor dem Beginn der Räumung des als "Dschungel" bekannten Flüchtlingslagers von Calais gab es in der Nacht erneut gewaltsame Zusammenstöße zwischen Flüchtlingen und der Polizei. Polizisten feuerten Tränengasgranaten an einer Umgehungsstraße des Hafens und im Lager ab, wo sie dutzenden Steine werfenden Flüchtlingen gegenüber standen. Eine der Tränengasgranaten landete in einem Müllcontainer, der dadurch in Brand geriet.

Bereits in der Nacht zum Sonntag hatte es Zusammenstöße zwischen Flüchtlingen und Polizisten gegeben. Aber schon seit Monaten gibt es rund um das Flüchtlingslager derartige Auseinandersetzungen, etwa wenn Flüchtlinge im Hafen von Calais versuchen, Lastwagen zu stoppen, um als blinde Passagiere Großbritannien zu gelangen.

Krawalle beim "Dschungel von Calais"
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Krawalle beim "Dschungel von Calais"

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Behördenvertreter sprachen mit Bewohnern des Lagers und gaben ihnen Flugblätter. Darauf wurden die Flüchtlinge aufgefordert, ihre Sachen zu packen und sich am Montag um 8 Uhr an einem Sammelpunkt einzufinden. Die überwiegend aus Afghanistan, dem Sudan und Eritrea stammenden Flüchtlinge sollen über einen Zeitraum von drei Tagen in 145 Bussen in Aufnahmezentren gebracht werden, wo sie Asylanträge stellen können. Die Behausungen sollen abgerissen werden.

In der Nacht zum Sonntag flogen aus einer Gruppe von mehreren Dutzend Menschen Steine auf Polizisten, die dann Tränengas einsetzten, berichtete der Nachrichtensender BFMTV. Die Behörden schätzen, dass sich im "Dschungel" bis zu 200 Aktivisten der "No-Border-"Bewegung aufhalten, die für eine Welt ohne Grenzen eintreten.

Christian Salomé, Chef der Hilfsorganisation "Auberge des migrants", sagte, etwa 2000 Flüchtlinge wollten nicht den von der französischen Regierung vorgesehenen Weg gehen. "Einige werden sich in der Umgebung von Calais verstecken. Es droht dort eine Verfolgungsjagd", sagte Salomé der Zeitung "Journal de Dimanche".

Er sei zwar für die Schließung des "Dschungels", doch für Neuankommende müsse es weiter eine Aufnahmeeinrichtung in der Hafenstadt am Ärmelkanal geben, forderte Salomé in der Zeitung "Nord Littoral". Die britische Ärztin Lynne Jones sagte der Deutschen Presse-Agentur, erst in der Nacht sei eine fünfköpfige Familie aus Syrien angekommen. Auf die Frage, ob sie die Auflösung begrüße, sagte sie: "Ich bin für eine gute Lösung für die Migranten." Dazu müsse unter anderem Großbritannien mehr tun.

Ein spezielles Verfahren gibt es für Minderjährige, die sich ohne Verwandte in dem Camp aufhalten. Sie können zunächst in Containern in Calais bleiben. Bei Kindern, die Angehörige in Großbritannien haben, pocht Frankreich auf eine Familienzusammenführung.

(mro/dpa/afp)
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