Euroländer segnen Reformpapier aus Athen ab Sparplan ohne Zahlen

Athen · Nach erbittert geführten Verhandlungen hat Athen in Brüssel die Liste mit seinen Reformplänen vorgelegt. Sie umfasst sechs Seiten mit 64 Einzelpunkten, bleibt aber konkrete Berechnungen schuldig. Vieles bleibt im Ungefähren. Auch deswegen muss Athen bald nachlegen.

Die wichtigsten Versprechen im Sparplan der Griechen
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Zumindest grundsätzlich sind mit dem Papier die Voraussetzung für die Verlängerung des Hilfsprogramms erfüllt. Hier finden Sie den Wortlaut des Reformplan im englischen Original.

Am Nachmittag gaben die Minister der Eurostaaten ihre Zustimmung, voraussichtlich am Freitag entscheidet der Bundestag. Finanzminister Wolfgang Schäuble beantragte bereits eine Sitzung zur Genehmigung weiterer Finanzhilfen (hier der Antrag im Original als PDF).

Auf sechs Seiten beschreibt Athen in 64 Einzelpunkten, wie das Land seinen Haushalt wieder in den Griff bekommen will. Dabei geht die Athener Regierung durchaus auf die Kritik aus den Euroländern ein. So äußert sie sich zurückhaltender zu den Plänen beim Mindestlohn, zahlreiche Schritte zielen auf verbesserte Steuereinnahmen und eine effizientere Verwaltung.

Doch viele Punkte bewegen sich noch im Bereich eher vager Ankündigungen. Konkrete Zahlen zu erwarteten Einsparungen und Kosten enthält das Papier nicht.

Zugeständnisse bei Mindestlohn und Privatisierungen

Zum Mindestlohn finden sich weder der bisher durch die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras angestrebte Betrag (751 Euro pro Monat) noch das Jahr der Einführung (2016) in dem Papier. "Höhe und Zeitplan" der geplanten Anhebung sollen nun "in Abstimmung mit den Sozialpartnern und den europäischen und internationalen Institutionen" festgelegt werden.

Bereits erfolgte Privatisierungen werden nicht in Frage gestellt. Bei laufenden Vorhaben sichert die Regierung zu, "den Prozess in Übereinstimmung mit dem Gesetz zu respektieren". Bisher lediglich geplante Privatisierung werden "mit dem Ziel, die langfristigen Gewinne für den Staat zu maximieren, überprüft".

Die Reichen sollen endlich Steuern zahlen

Athen will Steuerflucht und -betrug bekämpfen sowie bisherige Ausnahmen beseitigen - sowohl bei der Einkommens- als auch bei der Mehrwertsteuer. Ziel ist "eine neue Kultur der Steuerzahlung, um sicherzustellen, dass alle Bereiche der Gesellschaft, und insbesondere die Bessergestellten, angemessen zur Finanzierung öffentlicher Politik beitragen". Die Steuerverwaltung soll personell gestärkt werden, "insbesondere in den Einheiten für hohe Einkommen und große Schuldner".

Die Gesetzgebung, um nicht gezahlte Steuern oder Sozialbeiträge einzutreiben, soll "schnell verbessert" werden. Gleichzeitig will Athen den Kampf gegen Korruption "zur nationalen Priorität" machen und gegen den Schmuggel von Treibstoff und Zigaretten vorgehen.

Effiziente Verwaltung

Die Ausgaben sollen "in jedem Bereich der Regierung" auf den Prüfstand, die Effizienz der öffentlichen Verwaltung soll "drastisch verbessert" werden". Die Zahl der Ministerien will Athen von 16 auf zehn verringern und Leistungen wie Reisespesen oder Dienstwagen für Minister, hohe Beamte oder Parlamentarier reduzieren. Die Gesetzgebung zur Parteienfinanzierung soll "verschärft" werden. Die Ausgaben für den Gesundheitssektor sollen unter Kontrolle gebracht werden, die Qualität der medizinischen Versorgung aber gleichzeitig verbessert und Zugang für alle Bürger ermöglicht werden.

Länger arbeiten

Athen will "Schlupflöcher und Anreize" beseitigen, "die zu einer exzessiven Quote von Frühverrentungen über die gesamte Wirtschaft führen", insbesondere in der öffentlichen Verwaltung und im Bankenbereich. Dazu soll eine "gezielte Unterstützung für Arbeitnehmer zwischen 50 und 65" eingeführt werden, damit sie in Arbeit bleiben.

Hilfen für die Schwächsten

Zentrales Wahlkampfversprechen der Regierungspartei Syriza ist der Kampf gegen die "humanitäre Krise" nach Jahren der Sparanstrengungen und Rezession. Dies findet sich jetzt in einem kurzen Absatz am Ende des Dokuments: Menschen, denen es an ausreichender Nahrung, Unterkunft, Energieversorgung oder Gesundheitsvorsorge fehle, sollen durch "sehr gezielte" Hilfe, aber nicht durch direkte Geldzahlungen unterstützt werden. Genannt wird die Ausgabe von Lebensmittelmarken und die Einführung einer elektronischen Karte, die etwa Arztbesuche ermöglicht.

Helfen will die Regierung in Absprache mit den Banken auch überschuldeten Bürgern mit geringen Einkommen, etwa durch einen Verzicht auf Zwangsversteigerungen von deren Hauptwohnung.

IWF vermisst "klare Zusicherungen"

Entsprechend zurückhaltend spricht man nun in Brüssel und anderen europäischen Hauptstädten erst einmal von einem belastbaren Ausgangspunkt für weitere Gespräche. Deutlicher wurde der IWF. Er vermisst in der Reformliste "klare Zusicherungen, dass die Regierung beabsichtigt, die ins Auge gefassten Reformen umzusetzen". Dies gelte für viele Bereiche, "einschließlich der vielleicht wichtigsten", erklärte IWF-Chefin Christine Lagarde in Washington.

Nicht mehr als ein Anfang

Die Einigung der Minister bedeute nicht, "dass wir diesen Reformen zustimmen", bekräftigte auch EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici vor Journalisten. Es werde schrittweise an eine endgültige Vereinbarung herangegangen. Europa habe in der Griechenland-Frage eine Krise vermieden, es lägen aber noch "viele Herausforderungen" vor den Beteiligten.

Auch Eurogruppen-Chef Dijsselbloem verwies bereits vor der Ministerentscheidung darauf, dass Athen noch einen langen Weg vor sich hat. Die linksgeführte Regierung habe "eine ziemlich andere politische Vision" als ihre Vorgängerin und wolle Änderungen in den Auflagen der Geldgeber durchsetzen, sagte er im Europaparlament. Diese würden nun bis Ende April prüfen, ob Athen dabei weiter die Haushaltsziele erreiche. "Das wird nicht einfach werden", sagte Dijsselbloem.

Dann nämlich sollen auch klar berechnete Zahlen im Reformplan stehen.

(AFP)
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