Blick zurück Spitzenpolitiker auf der Anklagebank
Mehrere Staats- und Regierungschefs mussten sich schon vor Gericht verantworten. In den meisten Fällen begann der Prozess erst nach der Amtszeit und der damit beendeten Immunität. Wir haben einige Fälle zusammengestellt:
JULIA TIMOSCHENKO, Ukraine: Die Symbolfigur der pro-westlichen Orangenen Revolution wird nach ihrer Zeit als Ministerpräsidentin angeklagt. Unter anderem werden ihr die mit Moskaus Regierungschef Wladimir Putin ausgehandelten Verträge für russische Gaslieferungen angelastet. Zudem soll sie in den 1990er Jahren als Chefin eines Energiekonzerns Staatsgelder veruntreut haben. Im Oktober 2011 wird die Rivalin des heutigen Präsidenten Viktor Janukowitsch in einem international kritisierten Prozess wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt.
MOSHE KATZAV, Israel: Das oberste Gericht Israels verurteilt den ehemaligen Staatschef im November 2011 wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung von drei früheren Mitarbeiterinnen in letzter Instanz zu sieben Jahren Gefängnis. Katzav soll die Straftaten als Tourismusminister (1996-1999) sowie als Präsident (2000-2007)
begangen haben. Der Politiker hat die Vorwürfe stets bestritten.
JACQUES CHIRAC, Frankreich: Wegen Veruntreuung und Vertrauensbruchs wird er im Dezember 2011 zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Als Bürgermeister von Paris (1977-1995) soll Chirac Parteifreunden Gefälligkeitsjobs zugeschustert haben. Schon in seiner Zeit als Staatspräsident (1995-2007) wurden Vorwürfe laut. Da war er aber noch vor Strafverfolgung geschützt. Die Anklage war erst nach seinem Ausscheiden aus dem Amt möglich geworden.
ADRIAN NASTASE, Rumänien: Der Ex-Ministerpräsident wird im Januar 2012 wegen illegaler Parteienfinanzierung zu zwei Jahren Haft verurteilt. Laut Anklage soll Nastase 2004 eine Sammelaktion für Wahlkampfgelder als Kosten für angebliche Tagung abgerechnet haben.
Nur drei Monate später wird er zudem wegen Erpressung zu drei Jahren Freiheitsentzug auf Bewährung verurteilt. Gegen Nastase laufen zudem noch Gerichtsverfahren wegen Korruption.
EHUD OLMERT, Israel: Der Ex-Ministerpräsident wird am 27. September 2012 wegen Untreue zu einem Jahr Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von 75 300 Schekel (gut 15 000 Euro) verurteilt. Das Bezirksgericht in Jerusalem sagt, Olmert habe sich in einem schwerwiegenden Interessenkonflikt befunden, als er Mandanten eines befreundeten Rechtsanwalts Vergünstigungen erteilte. In zwei weiteren Anklagepunkten wird Olmert von schweren Korruptionsvorwürfen freigesprochen. Gegen diesen Freispruch legt die Staatsanwaltschaft Berufung ein.
SILVIO BERLUSCONI, Italien: Der frühere Regierungschef (mit Unterbrechungen 1994-2011) wird am 29. Oktober 2012 in einem Prozess um Steuerbetrug und Schwarzgeldkassen zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Drei Jahre davon erlässt ihm ein Mailänder Gericht - unter Berufung auf ein Gesetz von 2006, das wegen der überfüllten italienischen Gefängnisse beschlossen worden war. Die Anwälte Berlusconis legen Berufung gegen dieses erstinstanzliche Urteil ein.
THAKSIN SHINAWATRA, Thailand: Der Staat beschlagnahmt im Februar 2010 mehr als die Hälfte des Milliardenvermögens des Ex-Regierungschefs.
Das höchste Gericht urteilt, Thaksin habe seinen Anteil am Familienbesitz verschleiert und sein Firmenimperium durch politische Entscheidungen begünstigt. Insgesamt kann der Staat 46 der gut 76 Milliarden Baht (damals 1,7 Milliarden Euro) einbehalten. Thaksin war 2008 ins Exil geflohen, kurz bevor er wegen Amtsmissbrauchs zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde.
NICOLAS SARKOZY, Frankreich: Wegen des Verdachts der illegalen Wahlkampffinanzierung ist Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy am Donnerstag erstmals von einem Untersuchungsrichter vernommen worden. Unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen und begleitet von einem großen Medienrummel traf der 57-Jährige am Morgen im Justizpalast der südwestfranzösischen Stadt Bordeaux ein. Sarkozy droht die Eröffnung eines Ermittlungsverfahren.