Stühlerücken in der Downing Street Theresa May bestellt Damian Green zu ihrem Stellvertreter

London · Die angeschlagene britische Premierministerin Theresa May hat nach ihrer Wahlschlappe mit der Bildung ihres neuen Kabinetts begonnen. Unter anderem wurde der bisherige Arbeitsminister Damian Green am Sonntag zum Kabinettschef Mays und damit de facto zu ihrem Stellvertreter befördert.

Die Regierungschefin sah sich gleichzeitig aber Angriffen von Parteikollegen ausgesetzt, während sich andere hinter sie stellten. Mays geschwächte Stellung innerhalb der Partei macht größere Umwälzungen in der Regierung unmöglich. May bestätigte Liam Fox als Handelsminister, Justine Greening für das Bildungsressort und Greg Clark als Wirtschafts- und Energieminister. Zuvor war aus der Downing Street bereits bekannt geworden, dass unter anderem Schatzkanzler Philip Hammond, Innenministerin Amber Rudd, Verteidigungsminister Michael Fallon und Außenminister Boris Johnson im Amt bleiben werden.

Außenminister Johnson dementierte am Sonntag, dass er einen Sturz Mays orchestrieren und für ihren Posten an der Parteispitze kandidieren wolle. Einen entsprechenden Bericht der Zeitung "Mail on Sunday" nannte er auf Twitter "Mumpitz". "Ich unterstütze Theresa May", versicherte er. "Lasst uns weiterarbeiten."

Ist May eine "dead woman walking"?

Doch mehrere andere Abgeordnete sahen die Tage Mays gezählt. "Ich denke, ihre Position ist auf lange Sicht nicht zu halten", sagte die Abgeordnete Anna Soubry dem Sender Sky News. Der von May vergangenes Jahr gefeuerte Schatzkanzler George Osborne nannte sie eine "dead woman walking", also eine Politikerin, die jeglichen politischen Einfluss verloren hat.

Er und mehrere andere ranghohe Tories glauben, dass sich May maximal noch ein paar Monate im Amt halten wird. Vorerst wollen die meisten in der Partei sie aber nicht ablösen, weil zum einen noch wichtige Verhandlungen über eine Regierungszusammenarbeit mit der nordirischen DUP geführt werden und zum anderen bereits am 19. Juni die Gespräche über einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union anlaufen. Der Abgeordnete Graham Brady sagte, eine solche Führungsdiskussion würde nur mehr Unsicherheit verbreiten.

Mays Partei muss sich nach dem Verlust der absoluten Mehrheit von anderen Parteien dulden lassen und begann dafür Verhandlungen mit der DUP, die nach dem Willen der Premierministerin schon in den kommenden Tagen abgeschlossen werden sollen.

Für May drängt die Zeit, denn die Regierung muss bei der sogenannten Queen's Speech am 19. Juni bereits ihr Programm vorstellen. Auf die Rede folgen mehrere Tage mit Debatten, anschließend kommt es zu einer Abstimmung. Verliert May diese, könnte das die Regierung gleich wieder zu Fall bringen.

Labour-Chef Jeremy Corbyn sagte, er wolle seine eigenen Forderungen nach einem Ende der Sparpolitik in der Thronrede der Königin verankert wissen. Ansonsten werde seine Partei gegen May stimmen. Er vermute ohnehin, dass binnen weniger Monate schon wieder neu gewählt werde, sagte Corbyn. "Ich glaube nicht, dass Theresa May und ihre Regierung irgendeine Glaubwürdigkeit haben."

(felt/ap)
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