Niederlage bei Regionalwahl Super-Sarkozy ist entzaubert

Paris (RP). Bei der Regionalwahl in Frankreich erleidet die konservative Regierungspartei des Präsidenten eine böse Schlappe. In der Stichwahl am Sonntag muss Sarkozys Regierungsmehrheit auch um ihre letzten Bastionen bangen.

Carla Bruni im körperbetonten Kleid
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Sehr gesprächig war man im Pariser Elysée-Präsidentenpalast gestern nicht. "Lesen Sie das Interview im 'Figaro-Magazin‘ vom Wochenende. Da steht alles drin”, wiegelte Präsidentensprecher Franck Louvrier ab und eilte weiter zu einer der zahlreichen Krisensitzungen nach dem Desaster bei der Regionalwahl vom Sonntag.

Nicht nur, dass die Sozialisten in der ersten Runde des Urnengangs noch stärker abschnitten als von der konservativen Partei UMP des Staatschefs Nicolas Sarkozy ohnehin befürchtet. Nein, Frankreich erlebte auch noch die Wiedergeburt der rechtsextremen Front National (FN), deren Wähler Sarkozy Dank seiner strengen Sicherheits- und Ausländerpolitik auf seiner Seite glaubte.

Der Verweis des Präsidentensprechers auf das Sarkozy-Interview im treu ergebenen "Figaro” soll heißen: Wir machen ungeachtet der Wahlschlappe weiter wie bisher. Ein gutes Jahr lang noch sollen Reformvorhaben durch das Parlament gepeitscht werden. Erst dann will der umtriebige Präsident dem Land eine Pause gönnen und sich in Ruhe auf seine Wiederwahl 2012 vorbereiten.

Doch die Ankündigungen verfingen nicht. Die UMP fuhr vielmehr mit 26,7 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit mehr als 50 Jahren ein, während die französischen Sozialisten (PS) mit rund 30 Prozent stärkste Kraft wurden und in einem Bündnis mit anderen linken und ökologischen Parteien bei der zweiten Runde der Wahl am nächsten Sonntag das Fass zu machen können. Nicht auszuschließen, dass die UMP sogar ihre letzten Bastionen einbüßen könnte und das Elsass und Korsika verliert. Dies sind die einzigen der 26 französischen Regionen, in denen sich die UMP bei der vorangegangenen Regionalwahl 2004 behaupten konnte.

Da im zentralistisch geführten Frankreich Politik stets vom Staatschef ausgeht, wird auch bei den Regionalwahlen indirekt über ihn abgestimmt. "Es handelt sich um eine doppelte Sanktion der UMP, einerseits durch den Aufwind der Sozialisten, anderseits durch das Wiedererwachen der Front National”, urteilt Brice Teinturier, Leiter des renommierten Meinungsforschungsinstituts TNS Sofres.

Die ersten Kommentatoren gehen bereits davon aus, dass die FN auch bei der Präsidentschaftswahl in zwei Jahren wieder eine Rolle spielen könnte ­ so wie 2002, als ihr Parteiführer Jean-Marie Le Pen gegen Jacques Chirac in die Stichwahl gelangte.

In der französischen Presse wurde der Wahlgang als "Denkzettel”, "Warnung” oder "Ohrfeige” für Sarkozy gesehen, dessen Reformkurs angesichts der durch die Wirtschaftskrise deutlich gestiegenen Arbeitslosigkeit verstärkt auf Widerstand in der Bevölkerung stößt. Sarkozys Regierungsmehrheit habe nun eine Woche Zeit, um "ein Debakel” zu verhindern, hieß es selbst in der konservativen Tageszeitung "Le Figaro”.

Ein bloßes "Weiter so” Sarkozys halten Meinungsforscher und Kommentatoren unter diesen Voraussetzungen schon deshalb für gefährlich, weil zahlreiche UMP-Wähler dem Urnengang offenbar aus Protest fern blieben. "Ein Teil der Wählerschaft wollte damit seine Unzufriedenheit kund tun”, sagt Stéphane Rozès vom Meinungsforschungsinstitut Cap.

Ein Einfrieren ebenso wichtiger wie umstrittener Reformen wie etwa die des Rentensystems würde andererseits allerdings als Rückzieher und klares Zeichen der Schwäche Sarkozys ausgelegt. Da hilft ihm auch wenig, dass die Sozialisten zumindest derzeit keine politische Alternative für das Land vorweisen können. Der Staatschef steckt in einer Zwickmühle. Die Beratungen über Auswege dauerten gestern Abend noch lang.

(RP)
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