Syrische Rebellenhochburg Hilfskonvoi muss vorzeitig aus Ost-Ghuta abziehen

Damaskus · Erstmals seit der Eskalation der Gewalt im belagerten Ost-Ghuta hat eine große Hilfslieferung die syrische Region erreicht. Einige lebensrettende medizinische Produkte ließ die syrische Regierung aber nicht durch. Der Hilfskonvoi zog sich wegen Beschusses vorzeitig zurück.

Syrien: Hilfskonvoi in Rebellenhochburg Ost-Ghuta
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Hilfskonvoi in Ost-Ghuta

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Foto: dpa, GHY gfh

Die Lastwagen konnten nach Angaben von Hilfsorganisationen und Aktivisten auch nicht vollständig ausgeladen werden. Am Montagabend schrieb Sadschad Malik, Vertreter des UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, auf Twitter: "Der Hilfskonvoi nach Ost-Ghuta verlässt Duma nach fast neun Stunden. Wir haben so viel geliefert wie wir konnten inmitten des Beschusses."

Auch mehrere Aktivisten in der Region berichteten, dass die Wagen das Gebiet wegen stärker werdenden Beschusses wieder hätten verlassen müssen. Wie viele der 46 Lastwagen nicht entladen werden konnten, blieb zunächst unklar.

Lebensmittel für Zehntausende

Der Konvoi aus Dutzenden Lastwagen sei am Montag in das heftig umkämpfte Gebiet bei Damaskus nahe der Stadt Duma eingefahren, sagte die Sprecherin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Ingy Sedki. Die Lieferung bestand nach Angaben des UN-Nothilfebüros Ocha unter anderem aus Nahrung für 27.500 Menschen.

Viele medizinische Güter mussten auf Druck der syrischen Regierung aus der Lieferung genommen werden, wie Ocha berichtete. Sie durften auch nicht durch andere Gegenstände ersetzt werden. Dadurch seien drei der 46 Lastwagen fast leer gewesen.

Der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge waren unter den blockierten Hilfsgütern das gesamte Material für die Behandlung von Verletzungen und für Operationen sowie Insulin und Dialyse-Artikel. In den kommenden Tagen sollen weitere Hilfslieferungen nach Ost-Ghuta folgen.

Aktivisten berichten von Atemnot-Fällen

Ost-Ghuta vor den Toren der Hauptstadt Damaskus hat seit Mitte Februar die heftigsten Luftangriffe der Regierung seit Beginn des Syrien-Krieges 2011 erlebt. Auch am Tag der Hilfslieferung gingen die Bombardements weiter: Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden allein am Montag mindestens 68 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt.

Syrien: Kampf um Rebellenhochburg Ost-Ghuta
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Kampf um Rebellenhochburg Ost-Ghuta

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Foto: afp

Nach den Luftangriffen der syrischen Streitkräfte klagten am Montagabend laut Angaben von Aktivisten fast 20 Menschen über Atembeschwerden. "18 Fälle von Atemnot und Atembeschwerden wurden nach dem Beschuss der Ortschaft Hammurije mit einer von einem Militärflugzeug abgeschossenen Rakete gemeldet", sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman.

Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle bezieht ihre Informationen von Aktivisten vor Ort; für Medien sind die Angaben kaum zu überprüfen. Aktivisten beschuldigen die Regierung des syrischen Machthabers Baschar al-Assad immer wieder, im Kampf gegen Rebellen Giftgas einzusetzen, darunter Chlorgas. Die Regierung hat dies wiederholt bestritten. Nach einem Raketenbeschuss am 25. Februar auf die Ortschaft Schifunije in Ost-Ghuta hatte es 14 Fälle von Atemnot gegeben.

Russland bietet Rebellen sicheren Abzug an

Russland indes bot den syrischen Rebellen einen sicheren Abzug für sie selbst und ihre Familien an. Das Verteidigungsministerium erklärte am Dienstag, es werde für ihren Transport durch einen sicheren Korridor sorgen, sollten sie das Angebot annehmen. Allen Rebellen, die aufgäben, garantiere Russland Immunität vor Strafverfolgung. Kämpfer, die mit ihren Familien abzögen, dürften ihre Waffen mitnehmen.

Ost-Ghuta ist eines der letzten Rückzugsgebiete der Rebellen. Es wird von islamistischen Rebellengruppen kontrolliert. Rund 400.000 Menschen sind dort seit Jahren eingeschlossen. Die syrische Armee und ihre Verbündeten hatten am Montag ihre Bodenoffensive fortgesetzt und Beobachtern zufolge mehr als ein Drittel der umkämpften Enklave unter ihre Kontrolle gebracht. Seit Beginn der Luftangriffe auf das Gebiet vor zwei Wochen sollen mehr als 700 Menschen getötet worden sein.

(oko)
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