Politische Krise in Thailand Armee verhängt das Kriegsrecht

Bangkok · Nach sechs Monaten schwerer Unruhen und politischer Unsicherheit hat die thailändische Armee überraschend das Kriegsrecht verhängt. Ein Militärputsch stehe allerdings nicht bevor, betonten die Streitkräfte am Montag. Vielmehr sollten "Frieden und Ordnung aufrechterhalten" werden.

Bangkok: Tausende Regierungsgegner protestieren
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Einem Kabinettsmitglied zufolge war der Schritt zwar nicht mit der Regierung abgesprochen, doch handele es sich nur um eine Übernahme der Sicherheitsverantwortung durch die Armee. Bei den Unruhen im Land kamen seit November mindestens 28 Menschen ums Leben.

Bewaffnete Soldaten drangen in etliche privat geführte TV-Sender in Bangkok ein, um ihre Botschaft publik zu machen; im Zentrum der Hauptstadt umringten Truppen das Hauptquartier der Nationalpolizei.

Unterzeichnet und später verlesen wurde die Erklärung der Armee von General Prayuth Chan-Ocha. Er verwies auf ein Gesetz von 1914, das eine Intervention in Zeiten der Krise ermögliche. Die jüngsten Dauermassenproteste der rivalisierenden politischen Lager "könnten die Sicherheit im Land, Menschenleben und öffentliches Eigentum" gefährden, erklärte Prayuth. Die Bevölkerung rief er auf, nicht in Panik zu geraten.

Es bleibt ruhig in Bangkok

Tatsächlich blieb es in Bangkok zunächst relativ ruhig. Am Morgen fuhren Pendler wie üblich zur Arbeit. Als auf einer Hauptverkehrsader vor dem luxuriösen Einkaufszentrum Central World Militärjeeeps vorfuhren, hielten Passanten an, um Handyfotos von den Soldaten zu schießen. Ein Armeeoffizier sagte der Nachrichtenagentur AP: "Das ist definitiv kein Putsch. Es geht nur darum, den Menschen Sicherheit zu geben. Sie können ganz normal ihr Leben leben."

Der Führer der regierungsnahen Bewegung derRothemden, Jatuporn Prompan, sagte, seine Gruppe akzeptiere das Kriegsrecht, werde aber keinen Putsch oder andere verfassungswidrige Schritte zur Untergrabung der Macht hinnehmen.

Die Armee hat seit dem Ende der absoluten Monarchie im Jahr 1932 elf Mal geputscht. Seit sie im Jahr 2006 den ehemaligen Ministerpräsident Thaksin Shinawatra 2006 stürzte, wird das Land immer wieder von politischen Unruhen erschüttert. Der Milliardär setzte sich zwar ins Exil nach Dubai ab, um einer Haftstrafe wegen Korruption zu umgehen, die er selbst als politisch motiviert bezeichnet.

Doch im vergangenen November flammten neue Proteste gegen Thaksins Schwester Yingluck auf, die die Opposition als Marionette ihres Bruders betrachtete. Um die Krise zu entschärfen, löste sie im Dezember das Unterhaus auf und setzte Neuwahlen an. Die Regierung verfügt seitdem nur noch über beschränkte Vollmachten.

Vor kurzem enthob das Verfassungsgericht Yingluck wegen Machtmissbrauchs des Amtes. Auch neun ihrer Minister mussten gehen. Ihre Nachfolge trat bis zu geplanten Neuwahlen im Juli ihr Stellvertreter Niwatthamrong Boonsongpaisan an.

Interimsregierungschef lehnt Rücktritt ab

Doch die Opposition gibt sich damit nicht zufrieden. Sie verlangt die Einsetzung einer nicht gewählten Übergangsführung. Eine Neuwahl will die Opposition - wie bereits beim ersten Anlauf im Februar - boykottieren, solange es zuvor keine politischen Reformen gibt. Sie will ihre Kampagne zum Sturz der Regierung diese Woche noch einmal intensivieren.

Interimsregierungschef Niwatthamrong lehnte jedoch erst am Montag einen Rücktritt ab. Damit ging er nicht nur auf Konfrontationskurs zur Opposition, sondern widerstand auch dem Druck von rund 70 Senatoren, die sich zuletzt für eine Regierung mit uneingeschränkten Befugnissen zu politischen Reformen stark gemacht hatte. Einen Rücktritt des Kabinetts forderten die Senatoren nicht explizit.

Am westlichen Stadtrand von Bangkok mobilisieren die Rothemden schon seit Tagen ihre Unterstützer. Doch amMontag meldete deren Führer Jutaporn, sie würden "umzingelt". Mehr als 100 Soldaten tauchten am Versammlungsort der Regierungsunterstützer auf, um mit Stacheldraht Straßen zu blockieren. Die Streitkräfte schienen die Polizisten abzulösen.

"Wir werden sehen, was die Armee will", sagte Jutaporn. Eine undemokratische Beseitigung der Übergangsregierung werde "die Krise des Landes nie lösen und Thailand nur tiefer in Probleme stürzen", fügte er warnend hinzu.

(ap)
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