Sony sagt Kinostart ab "The Interview" — warum dieser Film Nordkorea nicht passt

Washington/Pjöngjang · Sony hat nach Hackerdrohungen den Start des Films "The Interview" abgesagt. Die USA vermuten Nordkorea hinter der Hackeraffäre, das Land streitet dies ab. Wirklich angetan ist das Regime aber tatsächlich nicht von dem Streifen. Wir erklären, warum.

Fotos aus Nordkorea-Komödie aus "The Interview"
7 Bilder

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Eigentlich sollte er am 25. Dezember in die US-Kinos kommen, der Film "The Interview". Doch nun wurde der Start abgesagt. Denn die Mehrheit der Kinobetreiber wollte die Satire nicht in ihr Programm aufnehmen, nachdem es — neben einer Hackerattacke gegen Sony Pictures — Terrordrohungen gegeben hatte. "Erinnert euch an den 11. September 2001" hieß es in den Drohungen, die an US-Medien gingen.

US-Behörden jedenfalls vermuten hinter der beispiellosen Cyberattacke Nordkorea. Ermittler seien "zu 99 Prozent sicher", dass die Hacker im Auftrag des Regimes in Pjöngjang gearbeitet hätten, berichtete die "Washington Post". Und die "New York Times" schrieb, Washington werfe Nordkorea vor, eine "zentrale Rolle" bei dem Angriff gespielt zu haben.

Beschwerde bei der UN

Nordkorea dementierte das bereits vor Tagen, die Nationale Verteidigungskommission erklärte, man wisse gar nicht "wo in Amerika sich Sony Pictures befindet und für welche Übeltaten es Ziel des Angriffs wurde." Doch dem Regime dürfte es durchaus recht sein, wenn der Film nicht an den Start geht, was es auch schon in der Vergangenheit gezeigt hat.

Denn im Juli dieses Jahres hatte sich der nordkoreanische Chef-Diplomat Ja Song Nam mit einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gewandt und darin von den US-Behörden verlangt, dass sie alles täten, damit der Film "umgehend" gestoppt werde.

Die Begründung: Einen Streifen über die Ermordung eines amtierenden Staatschefs zu produzieren sei nicht nur eine "Kriegshandlung", sondern auch eine "unverhohlene Unterstützung von Terrorismus". In dem Streifen geht es tatsächlich um ein Mordkomplott gegen Kim Jong Un, allerdings handelt es sich dabei um eine Satire. Und diese enthält noch mehr Spielereien mit Annahmen über Nordkorea, die dem Regime nicht gefallen dürften.

Kim Jong Un als dickleibiger Lebemann

Konkret geht es darin um zwei Journalisten, die eine seichte Interview-Show machen. Doch Kim Jong Un ist Fan davon und gibt ihnen die Chance, ihn zu interviewen. Als die CIA davon erfährt, erhalten die beiden Reporter den Auftrag, den nordkoreanischen Staatschef zu ermorden.

Der Film spielt mit dem Image des Staatsmannes, den viele Nordkoreaner (so wie bei seinem Vater) wie einen Gott anhimmeln. Und so wird er auch in "The Interview" als Meister der Propaganda und Verführung dargestellt. Die Nordkoreaner sind davon so geblendet, dass sie gar nicht merken, was für grausame Taten er plant.

Zudem wird er als dickleibiger, Zigarre paffender Lebemann dargestellt, der sogar blank zieht, als er aus der Dusche kommt. Im Kleiderschrank sucht er nach einem Anzug — sie sind alle gleich. Auch das eine Anspielung auf den Einheits-Look, den Nordkoreas Staatschef immer wieder zeigt.

Pappe statt Lebensmittel

Doch auch der Alltag in dem nach außen stark abgeschotteten Land wird in "The Interview" satirisch aufgearbeitet. So ist klar, dass die Menschen in Nordkorea zum großen Teil an Hunger leiden, während es von Kim Jong Un immer wieder Propaganda-Bilder gibt, in denen er Fabriken besucht, die die tollsten Waren herstellen — so, als gehe es dem Land gut.

Im Film kommen dann auch die Journalisten an einem Laden vorbei. Davor steht ein Kind und winkt lächelnd. Von wegen Hungersnot? Nein, denn letztlich kommt heraus, dass die dort angepriesenen Waren nicht echt, sondern aus Pappe sind und das Elend wahrhaftig ist.

Kein Wunder also, dass Kim Jong Un in Bezug auf den Film die Nase rümpfen dürfte. Ob das Regime aber wirklich hinter der Attacke und den Drohungen steckt, das ist nicht endgültig geklärt. Dass der Filmstart aber verschoben wurde, ist insbesondere für viele Film-Experten besorgniserregend.

Es sei beunruhigend, dass Filmstudios "Irren vom politischen Rand das Feld überlassen" und sich darin beeinflussen lassen könnten, "welche Filme sie machen und welche Filme sie herausbringen", sagte etwa der Dozent Richard Walter von der Film School der UCLA.

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