Streit um Transgender-Gesetz US-Justizministerium verklagt North Carolina — und umgekehrt

Raleigh · Im Streit um Toilettenregeln für Transsexuelle steuern North Carolina und das US-Justizministerium auf einen ausgewachsenen Konflikt zu – und überziehen sich gegenseitig mit Klagen.

 Justizministerin Loretta Lynch will gegen North Carolina vorgehen.

Justizministerin Loretta Lynch will gegen North Carolina vorgehen.

Foto: dpa, jl cs

Im Streit um Toilettenregeln für Transsexuelle steuern North Carolina und das US-Justizministerium auf einen ausgewachsenen Konflikt zu — und überziehen sich gegenseitig mit Klagen.

Weil Gouverneur Pat McCrory trotz einer Warnung am umstrittenen Transgender-Gesetz festhält, reichte die Behörde Klage gegen den US-Staat ein. North Carolina hatte kurz zuvor selbst die Regierung in Washington verklagt. Rechtsexperten rechnen mit einer langwierigen Justizschlacht, die am Ende vor den Obersten Gerichtshof getragen werden könnte.

Im März trat in North Carolina ein Gesetz in Kraft, das unter anderem Transsexuellen vorschreibt, die öffentlichen Toiletten zu nutzen, die dem Geschlecht auf ihrer Geburtsurkunde entsprechen. Zahlreiche Stars wie Bruce Springsteen und die Musiker von Pearl Jam haben aus Protest bereits Konzerte abgesagt. Auch die Geschäftswelt reagierte: PayPal hat ein in Charlotte geplantes Betriebszentrum mit 400 Angestellten platzen lassen, die Deutsche Bank fror Expansionspläne in der Nähe von Raleigh ein. North Carolina drohen zudem Einschnitte an den Bundesmitteln zur Finanzierung des staatlichen Hochschulsystems.

Befürworter der Transgender-Regel argumentieren, dass dadurch andere WC-Besucher vor möglichen sexuellen Übergriffen geschützt würden. Diesen Standpunkt betonte die die Republikaner-Führung North Carolinas auch in ihrer Klageschrift. Eine Nutzung "öffentlicher Toiletten, Badezimmer und Duschen rein auf Basis einer selbsterklärten Geschlechtsidentität würde Gelegenheit" zum Missbrauch bieten, erklärten sie.

Justizministerin Loretta Lynch sprach hingegen von "einer staatlich geförderten Diskriminierung", die das Transgender-Gesetz befeure. Dessen Befürworter schufen zudem "ein Problem, das nicht existiert", kritisierte sie. "Dieses Gesetz fügt einem Bevölkerungsteil, der ohnehin über Gebühr gelitten hat, zusätzliche Erniedrigung zu.
"Dieses Gesetz verschafft der Gesellschaft keinen Vorteil, und alles, was es bewirkt, ist die Schädigung unschuldiger Amerikaner."

Schon vergangene Woche hatte das Justizministerium scharfe Kritik an der Transgender-Regel geäußert und Gouverneur McCrory bis Montag Zeit gegeben, von dem Gesetz abzurücken. Doch das Ultimatum verstrich. McCrory ging mit einer Klage in die Offensive und bezeichnete das Gesetz als Maßnahme zugunsten "gesunden Menschenverstands" und "Privatsphäre."

Dem Justizministerium warf er zudem eine "grundlose und krasse Überschreitung" vor. Die Regierung von Präsident Barack Obama schreibe auf eigene Faust die Bürgerrechte auf Bundesebene um, um den Zugang von Transsexuellen zu Toiletten und Umkleidekabinen im ganzen Land zu schützen, kritisierte McCrory.

Noch am selben Tag schlug das Justizministerium mit einer Klage zurück. Zudem will es einen Gerichtsbeschluss erwirken, der die Transgender-Regel für diskriminierend und nicht umsetzbar erklären soll.

Ein Richter könnte bald damit beginnen, die Plädoyers beider Seiten anzuhören, sagte Rina Lindevaldsen, Professorin für Familien- und Verfassungsrecht an der Liberty University. Da Berufungsgerichte im Land in der Frage überkreuz lägen, ob transsexuelle Menschen durch die Bundes-Bürgerrechte geschützt seien, "scheint dies die Art von Angelegenheit zu sein, die auf dem Weg zum Supreme Court ist."

(das/ap)
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