Erster Auftritt vor US-Kongress Trump fordert "neues Kapitel amerikanischer Größe"

Washington · Ein Ja zur Nato, ein Nein zu Obamacare und das Versprechen einer historischen Steuerreform – Donald Trumps Rede vor dem Kongress war teils von Optimismus geprägt. Details zu seiner Wirtschafts-Agenda blieben aus.

Donald Trumps erste Rede vor dem Kongress: Optimismus und wenig Details
10 Bilder

US-Präsident Donald Trumps erste Rede vor dem Kongress

10 Bilder

Ein Ja zur Nato, ein Nein zu Obamacare und das Versprechen einer historischen Steuerreform — Donald Trumps Rede vor dem Kongress war teils von Optimismus geprägt. Details zu seiner Wirtschafts-Agenda blieben aus.

Themen seiner Rede waren Wirtschaft, Verteidigung und Außenpolitik, Nato, Obamacare, Arbeitsmarkt- und Einwanderungspolitik sowie die Ausgaben für Infrastruktur. Dort wolle er den Kongress um eine Summe von einer Billion Dollar bitten, sagte er. Finanziert werden solle dies durch öffentliches und privates Kapital und werde Millionen von Arbeitsplätzen schaffen. Die "Zeit des kleinen Denkens" sei vorüber, sagte er, und forderte ein neues "Kapitel amerikanischer Größe".

Die Vereinigten Staaten hätten über Jahre hinweg Geld ausgegeben, um die Infrastruktur anderer Staaten zu finanzieren. Doch das Land hätte sich lieber darauf konzentrieren sollen, sich selbst "wieder aufzubauen". Für Infrastrukturprojekte gelte das Prinzip "Amerikanisch kaufen, amerikanisch anstellen".

In seiner einstündigen Ansprache rückte der Präsident nicht von seinen scharfen und zum Teil umstrittenen politischen Forderungen aus dem Wahlkampf ab, setzte jedoch auf eine mildere Rhetorik.

Hassverbrechen verurteilt

Zum Auftakt seiner Rede hatte der US-Präsident die jüngsten Hassverbrechen in den USA scharf verurteilt. Die Drohungen gegen jüdische Gemeinden und die tödlichen Schüsse in Kansas seien eine Erinnerung daran, dass die USA zusammenstehen und Hass in all seiner Form verurteilen müssten, sagte Trump. In den vergangenen Tagen hatte es eine Welle von Drohungen gegen jüdische Einrichtungen gegeben. Unbekannte schändeten zudem einen jüdischen Friedhof in Philadelphia. In Kansas erschoss ein pensionierter Soldat in einer Bar einen Inder. Das FBI stuft den Fall als Hassverbrechen ein.

Zur Nato gab Trump vor dem Kongress ein klares Bekenntnis ab. "Wir unterstützen die Nato stark", sagte er in seiner Ansprache vor Repräsentantenhaus und Senat. Er wiederholte zugleich seine Forderung, dass alle Mitglieder des Militärbündnisses ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen müssten. "Und nun - dank unserer intensiven und offenen Diskussion - fangen sie damit an, das zu tun. In der Tat strömt das Geld gerade herein."

Die Nato hat als offizielles Ziel ausgegeben, spätestens bis 2024 zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts der jeweiligen Mitglieder für Verteidigungsausgaben zu verwenden. Doch die meisten Europäer liegen darunter, so auch Deutschland. Schon Trumps Vorgänger Barack Obama hatte das immer wieder kritisiert.

"Wir wollen Frieden, wo immer Frieden möglich ist. Amerika ist heute mit einstigen Feinden befreundet. Einige unserer engsten Verbündeten haben in den Weltkriegen vor Jahrzehnten auf der anderen Seite gekämpft", sagte Trump zudem in Bezug auf ehemalige Feinde und heute befreundete Staaten. "Amerika ist bereit, neue Freunde zu finden und neue Partnerschaften zu schmieden, wenn es im Einklang mit gemeinsamen Interessen liegt. Wir wollen Harmonie und Stabilität, nicht Krieg und Konflikte", sagte der US-Präsident weiter.

Historische Steuerreform - noch ohne Details

Zuvor hatte Trump seinem Land eine historische Steuerreform versprochen. Sein Wirtschaftsteam arbeite daran, sagte Trump in der Nacht in Washington. Er bekräftigte seinen Plan, eine neue Steuer auf Importe zu verhängen, während Exporte freigestellt werden sollten. Unternehmen sollten weniger Steuern bezahlen, um überall wettbewerbsfähig zu sein und florieren zu können. Gleichzeitig solle die Mittelschicht in den USA von massiven Steuererleichterungen profitieren. Ins Detail ging Trump jedoch nicht.

 Bewegt: Carryn Owens, die Witwe des getöteten Soldaten William "Ryan" Owens, den Trump in seiner Rede erwähnt. Ivanka Trump applaudiert.

Bewegt: Carryn Owens, die Witwe des getöteten Soldaten William "Ryan" Owens, den Trump in seiner Rede erwähnt. Ivanka Trump applaudiert.

Foto: rtr, HB

"Um unsere Ziele im Land und im Ausland zu erreichen, müssen wir den Motor der amerikanischen Wirtschaft wieder anwerfen", sagte Trump. Unternehmen müssten leichter in den USA Geschäfte machen können, und es sollte ihnen schwerer gemacht werden, das Land zu verlassen.

Steuererleichterungen sind den Republikanern ein besonders wichtiges Herzensanliegen. Ihre Umsetzung wird Monate in Anspruch nehmen. Denn auch wenn beide Kammern des Kongresses und das Weiße Haus von Republikanern geführt werden, sind die Interessen in wichtigen Feldern verschieden.

Am Devisenmarkt, der gewöhnlich sehr schnell und sensibel auf politische Aussagen reagiert, bewegte sich der Dollar nach Trumps Rede in einer engen Handelsspanne kaum. Zuletzt kostete ein Euro 1,0563 Dollar und damit in etwa so viel wie vor der Rede.

Auch an den Aktienmärkten wirkte sich die Rede vorerst kaum aus. Am Dienstag hatte der Leitindex Dow Jones Industrial wegen der Unsicherheit vor der Rede Trumps 0,12 Prozent auf 20 812,24 Punkten verloren und damit seine zwölftägige Serie mit Schlussrekorden beendet.

Obamacare "vor implodierendem Desaster beschützen"

Trump betonte neben den Steuerplänen erneut sein Vorhaben, das nationale Gesundheitssystem zu überarbeiten. Die Reform seines Vorgängers, auch Obamacare genannt, müsse abgeschafft werden. Er rief den Kongress auf, ihn bei einem Ersatz für die Gesundheitsversicherung Obamacare zu unterstützen. Für eine bessere Gesundheitsvorsorge müssten der Zugang ausgeweitet, die Wahlmöglichkeiten vergrößert und die Kosten gesenkt werden. Weiter ins Detail ging Trump nicht.

Diese Ziele alle gleichzeitig zu erreichen, wäre sehr ambitioniert. Außerdem widersprechen sie in wesentlichen Teilen grundsätzlich den Vorstellungen der Republikaner im Senat und Abgeordnetenhaus. Streit ist programmiert.

"Ich rufe alle Demokraten und Republikaner im Kongress auf, die Amerikaner vor dem implodierenden Desaster von Obamacare zu beschützen", sagte Trump. Er erntete damit besonders starken Applaus.

Kompromissbereit zum Einwanderungsgesetz

Auf das Thema Immigration bezogen erklärte er seine Unterstützung für ein Einwanderungsgesetz - eine Reform sei möglich, wenn sie auf bessere Jobs und höhere Löhne für Amerikaner setze. Zudem müssten dabei die nationale Sicherheit und bereits bestehende Gesetze berücksichtig werden.

Er forderte, diejenigen, denen der Eintritt in die Vereinigten Staaten gewährt werde, sollten die USA unterstützen und die Leute und Werte des Landes lieben.

Trump sagte aber auch: "Es ist nicht mitfühlend, sondern rücksichtslos, unkontrollierten Zugang (in das Land) von Orten zu ermöglichen, wo es keine angemessene Überprüfung geben kann."

Kampf gegen Terror mit arabischen Verbündeten

Im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) will Trump auf die Zusammenarbeit mit arabischen Verbündeten setzen. "Wir werden mit unseren Partnern zusammenarbeiten, einschließlich unseren Freunden und Verbündeten in der muslimischen Welt, um diesen schändlichen Feind vom Antlitz unserer Erde auszulöschen", sagte der Präsident in seiner Rede.

Trumps Worte entsprechen der Linie, die Verteidigungsminister James Mattis in den vergangenen Wochen vorgegeben hatte. Der Pentagon-Chef legte Trump am Montag einen vorläufigen Plan zur Bekämpfung des IS vor.

Am Ende seiner Rede versuchte Trump Optimismus im Kongress zu verbreiten: "Wir brauchen nur den Mut, die Träume zu teilen, die unsere Herzen füllen." Es beginne nun ein neues Kapitel amerikanischer Größe. "Von nun an wird Amerika von unserem Streben befähigt — nicht von unserer Furcht belastet", sagte der US-Präsident.

Demokraten reagieren mit Lachen und Gähnen auf Trumps Rede

Die Demokraten haben mit betont abwertenden Gesten auf Trumps Kongressrede reagiert. Viele saßen auf ihren Händen und lachten lediglich laut, als Trump wie bereits im Wahlkampf ankündigte, den "Sumpf trockenzulegen". Lautes Gähnen war zu hören, als Trump die Gründung eines neuen Büros für die Gewaltopfer von illegalen Einwanderern bekanntgab.

Demokratische Politikerinnen des US-Repräsentantenhauses waren während der Rede zum Teil in weißer Kleidung erschienen. Damit wollten sie an die Frauenrechtsbewegung erinnern und "solidarisch mit den Frauen der Nation" zusammenstehen, hatte eine auf Frauen und Arbeit spezialisierte Parlamentariergruppe mitgeteilt. Andere Demokraten erschienen mit einer blauen Schleife, um Unterstützung für die Bürgerrechtsorganisation ACLU zu zeigen. Diese war gerichtlich gegen das von Trump veranlasste Einreiseverbot vorgegangen.

(juju)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort