Regierungskritiker Großrazzia gegen Medienkonzern in der Türkei

Istanbul · Erneut übt die türkische Regierung Druck auf Medien aus. Polizisten durchsuchen die Gebäude eines kritischen Medienkonzerns. Im Kurdengebiet müssen zwei britische Journalisten in Haft.

 Türkische Frauen zeigen ihre Unterstützung für die Zeitung "Bugün".

Türkische Frauen zeigen ihre Unterstützung für die Zeitung "Bugün".

Foto: dpa, ase

Die türkische Polizei ist in einer Großrazzia gegen einen regierungskritischen Medienkonzern vorgegangen. Insgesamt seien am Dienstag 23 Firmen der Koza Ipek Holding wegen Verdachts auf Unterstützung einer Terrororganisation durchsucht worden, berichtete die regierungsnahe Nachrichtenagentur Anadolu. Darunter seien Redaktionsgebäude in der Hauptstadt Ankara gewesen. Sechs Menschen seien festgenommen worden.

Die Koza Ipek Holding gibt unter anderem die regierungskritische Zeitung "Bugün" heraus, ist aber auch in anderen Branchen wie dem Energiemarkt tätig. Die Holding steht der Bewegung um Prediger Fethullah Gülen nahe. Konkret wird dem Konzern nach Angaben von Anadolu vorgeworfen, die "Terrororganisation" der Gülen-Anhänger finanziert und unterstützt zu haben.

Gülen war einst ein enger Verbündeter des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Inzwischen wirft Erdogan dem im US-Exil lebenden Prediger vor, Polizei und Justiz unterwandert zu haben und die türkische Regierung stürzen zu wollen.

Gegen die vergangenen Freitag in der Südosttürkei festgenommenen britischen Journalisten Jake Hanrahan und Philip Pendlebury wurde unterdessen Haftbefehl erlassen. Was genau ihnen vorgeworfen werde sei unklar, sagte der Vorsitzende der Anwaltskammer in Diyarbakir, Tahir Elci, der Nachrichtenagentur DHA am Dienstag.

In den Akten sei sowohl von Tätigkeit für die Terrormiliz IS als auch die verbotene Arbeiterpartei PKK und deren Jugendorganisation die Rede. Dafür gebe es jedoch keinerlei Beweise.

Die Journalisten waren für die Nachrichtenorganisation Vice im Kurdengebiet unterwegs, wo es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und PKK-Kämpfern kommt. Vice verurteilte die Verhaftungen via Twitter als "Versuch der türkischen Regierung unsere Reporter zum Schweigen zu bringen".

Eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini sagte am Dienstag, die EU sei "besorgt" über die Großrazzia gegen Koza Ipek und über die Verhaftungen der Journalisten.

(dpa)
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