Chaos in der Türkei PKK stellt Bedingungen für Rückkehr zur Waffenruhe

Istanbul · Der Osten der Türkei versinkt zunehmend im Chaos. Türkische Bomber fliegen Attacken auf PKK-Stellungen und die Kurdenmilizen wehren sich mit Terror. Nach den Angriffen Polizeistationen in Istanbul hat die PKK jetzt Bedingungen für eine Ende der Gewalt gestellt.

PKK-Chef sendet Nachricht an seine Anhänger in Diyarbakir
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2015: Botschaft vom PKK-Chef an seine Anhänger in Diyarbakir

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Foto: dpa, tb ase

Nach der tödlichen Anschlagsserie in der Türkei hat die Armee Stellungen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Südosten des Landes bombardiert. 17 Positionen der kurdischen Rebellen seien in der Nacht zum Dienstag in der Provinz Hakkari "neutralisiert" worden, teilte die Armee mit. Die PKK bekannte sich zu einem der Anschläge am Montag und stellte zugleich Bedingungen für eine Rückkehr zur Waffenruhe.

Bei den Luftangriffen handelte es sich offenbar um Vergeltung für eine Serie von Angriffen, bei denen am Montag in Istanbul und dem Südosten der Türkei fünf Polizisten und zwei Soldaten getötet worden waren. In der Nacht zum Montag hatte ein Selbstmordattentäter zunächst eine Polizeiwache im Istanbuler Stadtteil Sultanbeyli angegriffen. Bei einem anschließenden Feuergefecht waren ein Polizist und zwei weitere Angreifer getötet worden. Zu dem Angriff bekannte sich die PKK.

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Foto: ap

Zudem griffen Bewaffnete das US-Konsulat im Viertel Istinye im europäischen Teil der Stadt an. Eine der beiden Angreiferinnen wurde kurze Zeit später verletzt festgenommen. Die marxistische DHKP-C, die bereits 2013 einen Selbstmordanschlag auf die US-Botschaft in Ankara verübt hatte, bekannte sich zu der Tat. Die PKK-nahe Gruppe erklärte, der Kampf gegen den "Imperialismus und seine Kollaborateure" werde fortgesetzt.

In der südöstlichen Provinz Sirnak wurden zudem bei einem Bombenanschlag vier Polizisten getötet, während beim Beschuss eines Armeehubschraubers und einem von PKK-Stellungen ausgehenden Angriff zwei Soldaten starben. Seit der Eskalation des Konflikts zwischen der Regierung und den PKK-Rebellen Ende Juli wurden laut der Nachrichtenagentur Anadolu 390 PKK-Kämpfer getötet, während rund 30 Mitglieder der Sicherheitskräfte starben.

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Bus von Fenerbahce beschossen – Fahrer verletzt

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Foto: afp, KLC/ACR

Die türkische Regierung hatte am 24. Juli nach einem Selbstmordanschlag der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in der Grenzstadt Suruc einen "Krieg gegen den Terror" gestartet, der sich sowohl gegen die IS-Miliz als auch gegen die kurdische Rebellengruppe PKK richtet. Seitdem flog die Luftwaffe dutzende Angriffe auf PKK-Stellungen im Südosten der Türkei und im Nordirak, aber nur drei Angriffe auf IS-Positionen in Syrien.

Die PKK stellte am Dienstag Bedingungen für eine Rückkehr zur 2013 geschlossenen Waffenruhe. Wie türkische Medien berichteten, forderte die Union der Gemeinschaften Kurdistans (KCK), eine politische Organisation der PKK, eine unabhängige Überwachung einer neuen Waffenruhe und die Freilassung politischer Gefangener. Außerdem dürfe die Armee die Waffenruhe nicht nutzen, um ihre Präsenz in den Kurdengebieten zu verstärken, erklärte die KCK.

Die Eskalation der Gewalt fällt mit einer politischen Krise in der Türkei zusammen. Auch zwei Monate nach der Parlamentswahl, bei der die islamisch-konservative Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) ihre absolute Mehrheit verlor, gibt es keine neue Regierung. Kritiker werfen Präsident Recep Tayyip Erdogan vor, Neuwahlen provozieren zu wollen in der Hoffnung, dabei doch noch die nötige Mehrheit zu erhalten, um seine Pläne zur Ausweitung der Macht des Präsidenten umzusetzen.

Ministerpräsident Ahmet Davutoglu von der AKP und der Vorsitzende der säkularen CHP, Kemal Kilicdaroglu, sprachen am Montag erstmals über die Bildung einer Regierungskoalition. Kulturminister Ömer Celik und der CHP-Vize Haluk Koc, die ebenfalls teilnahmen, erklärten anschließend, beide Seiten bemühten sich um einen "Konsens". In vielen Bereichen sei bereits Einigkeit erzielt worden, ein weiteres Treffen diese Woche sei geplant.

(AFP)
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