Mindestens 21 Tote in Tunis — darunter Deutsche Ein blutiger Anschlag erschüttert Tunesien

Tunis · Tunesien galt als Musterland des Arabischen Frühlings – nun hat ein blutiger Anschlag die einzige aus den Aufständen von 2011 erwachsene Demokratie erschüttert. Das Land trauert.

Tunesien: Viele Tote bei Angriff auf Bardo-Museum
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Viele Tote bei Angriff auf Bardo-Museum

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Tunesien galt als Musterland des Arabischen Frühlings — nun hat ein blutiger Anschlag die einzige aus den Aufständen von 2011 erwachsene Demokratie erschüttert. Das Land trauert.

Am Anfang twittert die Parlamentsabgeordnete Sayida Ounissi von einer "großen Panik" — ein Bewaffneter treibe sich vor dem Parlament herum. Nur wenige Minuten später wird klar, dass dies den Auftakt zum bislang schlimmsten Terrorangriff in Tunesien seit dem Arabischen Frühling bildet.

Mindestens zwei Angreifer stürmen am Mittwoch den Platz zwischen dem Parlament und dem tunesischen Nationalmuseum Bardo. Die Extremisten schießen willkürlich mit Kalaschnikows auf Touristen, dann verbarrikadieren sie sich mit mehreren Geiseln im Bardo-Museum.

Am Ende sind nach offiziellen Angaben 21 Menschen tot, darunter zwei Attentäter. Mindestens 17 der Toten seien Urlauber — nach ersten Angaben von Ministerpräsident Habib Essid aus Deutschland, Polen, Italien und Spanien. Weitere 24 Menschen seien verletzt worden.

Eine Machtdemonstration der Extremisten

Die blutige Tat holt das Urlaubsland vier Jahre nach dem Arabischen Frühling in die Realität zurück. Tunesien ist das Geburtsland der Aufstände — und hatte als bislang einziges Land den Weg in die Demokratie geschafft. Anfang 2011 stürzten die Tunesier den Diktator Zine el Abidine Ben Ali. Im Dezember 2014 schloss die erste freie Präsidentenwahl den Demokratisierungsprozess im Land ab — anders als im Rest der Region.

In Syrien, Libyen und im Jemen toben Bürgerkriege, in Ägypten herrscht wieder ein despotischer Armeechef. Islamistische Gruppen nutzen das Chaos für ihre Zwecke. Nun zeigten die Extremisten mit einer Machtdemonstration, dass auch in Tunesien mit ihnen zu rechnen ist.

Das Muster des Angriffs erinnert an die Bluttat von Islamisten im Januar in Paris. Damals stürmten professionell trainierte Kämpfer hochbewaffnet die Redaktion der Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo" — in Tunis kämpfen sich uniformierte Täter in das Bardo-Museum vor.

Noch hat sich niemand zum Anschlag bekannt

Dort nehmen die Bewaffneten zahlreiche Urlauber als Geiseln. Die meisten der etwa 100 Besucher, die sich zum Zeitpunkt des Überfalls im Museum aufhielten, konnten jedoch nach Angaben des Innenministeriums rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden. Spezialeinheiten umstellen den Berichten zufolge zunächst das Gebäude und beenden die Geiselnahme danach.

Im Internet bejubeln Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS)
die Tat, offiziell bekennt sich die Miliz zunächst nicht zu dem Angriff. Der IS kämpft in Syrien und im Irak, hat aber längst Zellen in Ägypten und im tunesischen Nachbarn Libyen gegründet. Ein Anschlag im Herzen Tunesiens wäre ein neuer Machtzuwachs der Miliz.

Nach dem Ende der Geiselnahme meldete sich die Abgeordnete Ounissi erneut auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. "Wir sind ohne Angst", schreibt Ounissi. Ein frommer Wunsch.

(dpa)
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