Treffen in Brisbane Ukraine-Konflikt überschattet G20-Gipfel

Brisbane · Beim G-20-Gipfel im australischen Brisbane herrscht Eiseskälte: Das Treffen der führenden Industrie- und Schwellenländer wird vom Konflikt in der Ukraine überschattet. Vom Vieraugengespräch mit Putin verspricht sich die Kanzlerin nicht viel. Die Fronten sind verhärtet. Putin könnte den Gipfel vorzeitig verlassen.

Treffen in Brisbane: Ukraine-Konflikt überschattet G20-Gipfel
Foto: afp, RAB

Eigentlich sollten das weltweite Wirtschaftswachstum und ein Steuerabkommen im Zentrum des G20-Gipfels in Brisbane sein, doch die Krise in der Ukraine überlagert das Treffen der Staats- und Regierungschefs. Dabei steht das Thema nicht einmal auf der Agenda.

Bereits im Vorfeld hatten sich die Europäische Union und die USA zu neuen Strafmaßnahmen gegen Russland bereit erklärt. Noch sei aber keine Entscheidung gefallen, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Samstag am Rande des G20-Gipfels im australischen Brisbane.

Nach dem Abendessen haben sich Merkel und Putin zu neuen Gesprächen getroffen. Die Aussichten auf eine Lösung sind aber ihrer Ansicht nach schlecht. "Ich verspreche mir jetzt keine qualitativen plötzlichen Veränderungen", sagte Merkel im Vorfeld. Das Gespräch diene dazu, einen Eindruck zu bekommen, wie Putin die Lage einschätze. Zu Merkel und Putin stieß auch noch Jean-Claude Juncker. Der EU-Kommissionspräsident war für Beobachter überraschend zu dem Gespräch hinzugekommen.

Doch das Treffen zwischen Merkel und Putin in Brisbane dauert überraschend lange. Die beiden Politiker saßen am Abend (Ortszeit) in Putins Hotel auch nach über einer Stunde noch zusammen, wie die Deutsche Presse-Agentur von Diplomaten erfuhr.

Will Putin G20-Gipfel vorzeitig verlassen?

Neben dem Treffen mit Merkel stehen noch weitere Gespräche am Rande des Wirtschaftsgipfels an. Etwa mit US-Präsident Barack Obama, der Putin als "Aggressor" brandmarkte.

Der Druck auf Putin wegen des Konflikts in der Ukraine ist jedenfalls ernorm. Nicht zuletzt deswegen kamen am Samstag Gerüchte auf, Putin wolle den Gipfel vorzeitig verlassen. Putin werde lediglich an einem Teil des für Sonntag geplanten Programms teilnehmen, sagte ein Mitglied der russischen Delegation der Nachrichtenagentur AFP. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wies die Berichte zurück. Putin werde bis Sonntagmittag bleiben.

Am Freitag hatte Obama Putin erneut scharf angegriffen. Die "russische Aggression" in der Ukraine sei eine "Bedrohung für die Welt", sagte Obama am Rande des Gipfels. Als Beispiel führte er den "Abschuss" der malaysischen Passagiermaschine MH17 vor vier Monaten in der Ostukraine an. 298 Menschen starben, 38 davon waren Australier.

Russland wies die Vorwürfe zurück. "Von unseren Handlungen geht einfach keine Bedrohung aus", sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow. Russland wolle im Gegenteil helfen, die Lage zu stabilisieren.

Auch ein Gespräch mit Frankreichs Staatschef Francois Hollande steht noch aus. Dieser muss mit Putin die umstrittene Lieferung des Kriegsschiffes der Klasse Mistral klären. Russland droht den Franzosen mit einer Vertragsstrafe, sollten sie den fertigen Hubschrauberträger nicht liefern. Obama wiederum dürfte Hollande drängen, Putin westliches Militärgerät nicht zu übergeben.

Der scheidende EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy forderte ein schnelles Handeln Russlands. Er rief Moskau unter anderem dazu auf, seinen Einfluss auf die prorussischen Aufständischen geltend zu machen und das Friedensabkommen von Minsk zu beachten. "Russland hat weiterhin die Möglichkeit, die Minsker Einigung zu erfüllen und den Weg der Deeskalation zu wählen" sagte Van Rompuy. "Wenn es das nicht tut, sind wir bereit, zusätzliche Maßnahmen ins Auge zu fassen."

Die europäischen Staats- und Regierungschefs wollen am Sonntag mit dem US-Präsidenten das weitere Vorgehen abstimmen. Die EU-Außenminister werden am Montag in Brüssel beraten, wie sich die Situation darstellt und ob neue Sanktionen nötig sind, wie Van Rompuy sagte. Russland müsse seinen Einfluss nutzen, auf die prorussischen Separatisten einzuwirken. Er forderte die Kreml-Führung auf, Waffentransporte und Verstärkung für die Rebellen zu unterbinden.

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