Moskau sanktioniert Produkte aus USA und EU Welche Folgen die russischen Einfuhrverbote haben

Moskau · Bislang hat Russlands Präsident Wladimir Putin dem Westen vor allem gedroht. Nun macht er ernst und verhängt Einfuhrverbote für Produkte aus den USA und der EU. Die Regierung in Washington warnt bereits, dass Moskau damit nur der eigenen Bevölkerung schade. Aber stimmt das? Und welche Folgen hat das Importverbot für die westlichen Länder?

Ein Supermarkt in Moskau.

Ein Supermarkt in Moskau.

Foto: afp

Polen kennt das Importverbot bereits. Sie bekamen zuerst den Zorn der russischen Agraraufsicht zu spüren. Denn Äpfel, Birnen und Pflaumen aus dem Land dürfen bereits schon nicht mehr eingeführt werden. Auch wenn Moskau zuletzt einige Importverbote mit mangelnder Hygiene begründet hat, ist Polen davon überzeugt, dass der wahre Grund in der kritischen Haltung der Warschauer Regierung zu Russland angesichts der Ukraine-Krise ist. Und so geben sich die Polen seit Tagen trotzig und riefen alle dazu auf, mehr Äpfel zu essen. In den sozialen Netzwerken werden entsprechend fleißig Bilder gepostet.

Doch nun trifft das Importverbot nicht nur Polen, sondern die gesamte EU und auch die USA. Es geht um Agrarerzeugnisse, um Milchprodukte, um Fleisch. Was genau nicht mehr importiert werden darf, soll aber erst im Laufe des Donnerstags bekannt werden, die Regierung erarbeite noch eine entsprechende Liste. Gelten sollen die Maßnahmen zunächst für ein Jahr. Und obwohl noch nicht genau definiert, belasteten sie am Morgen bereits die Märkte.

Beunruhigung an den Aktienmärkten

Der deutsche Aktienindex Dax verlor am Morgen 0,4 Prozent auf 9091 Zähler. Anleger fürchten nicht nur eine militärische Eskalation des Konflikfts in der Ukraine, sondern auch angesichts der Importverbote einen Handelskrieg zwischen Europa und Russland. An den Asien-Börsen haben am Donnerstag ebenfalls der Konflikt in der Ukraine und die deswegen verhängten Sanktionen für Beunruhigung gesorgt. Der MSCI-Index asiatisch-pazifischer Aktien außerhalb Japans fiel um 0,6 Prozent. Auch die Tokioter Börsen tendierten zunächst im Minus, drehten aber vor Handelsschluss ins Plus.

Und so gab es sogar aus Japan Kritik an Putins Entscheidung. Dies sei bedauerlich, sagte Regierungssprecher Yoshihide Suga auf einer Pressekonferenz in Tokio. Er rief Russland auf, stattdessen konstruktive Schritte zu unternehmen, um zu einer friedlichen Lösung des Ukraine-Konflikts zu kommen. Und Moskauer Medien hatten schon angesichts des Importverbotes aus Polen vor Preisanstiegen aus Moskau gewarnt. Auch die USA glauben, dass Putin mit der Entscheidung vor allem dem eigenen Volk schadet und hält sie daher für ein Eigentor.

Der Präsident gibt allerdings die Devise aus, dass die Sanktionen die Partnerländer und nicht die eigene Bevölkerung treffen würden. So sollen die Behörden kontrollieren, dass es nicht zu Wucherpreisen angesichts der Entscheidung kommen würde. Zudem verhandele man bereits mit südamerikanischen Ländern, um mehr Waren aus diesen zu importieren. Brasilien hatte bereits angeboten, Geflügel liefern zu können, auch wurden 91 brasilianische Lebensmittelhersteller für den russischen Markt zugelassen. Und die Mehrheit der russischen Bevölkerung dürfte ohnehin nicht von dem Importverbot betroffen sein.

Mehrheit der Bevölkerung kann sich westliche Produkte nicht leisten

Denn das Land ist längst selbst zum Getreideexporteur aufgestiegen, womit also genügend Agrarprdoukte auch für die Bevölkerung zur Verfügung stehen. Verzichten werden müssen vor allem die wohlhabenden Russen auf die von ihnen bevorzugten Waren aus dem Westen — wie etwa deutsche Schokolade, tschechisches Bier oder französischen Käse. Russische Waren sind viel billiger, aber die wohlhabenden Kunden trauen der Qualität der landeseigenen Produkte oft nicht über den Weg. Dafür blättern sie aber einiges für die westliche Ware hin.

Die Preise für dies Produkte sind entsprechend so hoch, dass sich die Mehrzahl der russischen Bevölkerung sie schon jetzt nicht leisten kann. Daran wird auch das Importverbot nichts ändern. Dennoch warnen Experten, dass Russland sich selbst mit dem Erlass schadet angesichts dessen, dass das russische Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr bereits kaum messbar ist und manch einer eine Rezession fürchtet.

Aber auch die europäischen Länder dürfte das Importverbot nicht ganz kalt lassen. Schon die von der EU erlassenen Exportverbote hatten bei Unternehmern zu Verunsicherung geführt, was jetzt noch steigen dürfte — insbesondere, solange nicht genau klar ist, welche Produkte denn nun von dem Dekret betroffen sind. Der stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands jedenfalls warnte, dass der Angebotsdruck im EU-Binnenmarkt nun steigen dürfte. "Bei unseren Hauptprodukten ist Russland schon ein wichtiger Markt, vor allem bei Fleisch- und Milchprodukten", sagte Udo Hemmerling der Nachrichtenagentur dpa.

mit Agenturmaterial

(das)
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