Ukraine-Krise Kiew befürchtet Separatisten-Angriff auf Mariupol

Kiew/Donezk · Die Waffenruhe in der Ukraine ist brüchig. Das ukrainische Militär befürchtet nach seinem Abzug aus Debalzewe eine neue Offensive prorussischer Truppen. Als Ziel wurde die strategisch wichtige Stadt Mariupol ausgemacht

Ukraine: Soldaten verlassen Debalzewe
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Ukrainische Soldaten verlassen Debalzewe

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Foto: afp, ss/tlr

Das ukrainische Militär befürchtet einen Angriff prorussischer Separatisten auf die strategisch wichtige Stadt Mariupol. Die Rebellen seien damit beschäftigt ihre Einheiten nahe der Hafenstadt mit weiteren Kämpfern, Waffen und Militärausrüstung zu verstärken, sagte Armeesprecher Andrej Lisenko am Samstag. Die Stadt liegt zwischen russischer Grenze und der von Russland annektierten Halbinsel Krim.

Eine Einnahme durch die Separatisten wäre ein Schritt zu einem von den Rebellen kontrollierten Landkorridor zur Halbinsel und würde mit großer Wahrscheinlichkeit den in Minsk ausgehandelten Waffenstillstand endgültig zum Scheitern bringen.

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Die USA drohten Russland mit einer erneuten Verschärfung der Sanktionen, sollten die Rebellen sich nicht an die Waffenruhe halten. Der Westen wirft Russland vor, die Rebellen mit Kämpfern und Kriegsgerät zu unterstützen. In Moskau demonstrierten am ersten Jahrestag der Flucht des entmachteten ukrainischen Staatschefs Viktor Janukowitsch offiziellen Angaben zufolge rund 20.000 Menschen für die Separatisten und Janukowitsch.

Die Armee sei auf einen Angriff auf Mariupol vorbereitet, sagte Lisenko weiter. Rund um die Uhr würden Truppenbewegungen und Sabotageakte beobachtet. Mariupol am Asowschen Meer mit seinen rund 500.000 Einwohnern ist die größte Stadt in den beiden Separatisten-Gebieten der Ostukraine, die noch unter Kontrolle der Regierungseinheiten ist. Die westlichen Länder befürchten, dass die Separatisten eine Landverbindung zur Krim erobern könnten.

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Bereits am Freitag hatte das ukrainische Militär erklärt, russische Panzer und Kämpfer hätten unweit von Nowoasowsk südöstlich von Mariupol die Grenze passiert. Allerdings gab es vor Ort zunächst keine Hinweise auf zusätzliche Panzer und Soldaten aus dem Nachbarland. Separatisten bei Nowoasowsk wiesen die Angaben als falsch zurück. Sie hielten sich an dem von Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine ausgehandelten Waffenstillstand und hätten gemäß Abkommen auch die schwere Artillerie aus der Gegend um Mariupol zurückgezogen. Das Abkommen zur Waffenruhe war bereits durch die Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Debalzewe durch Separatisten am Mittwoch erheblich gefährdet worden.

US-Außenminister John Kerry warf Russland vor einem Treffen mit seinem britischen Kollegen Philip Hammond in London "außerordentlich feiges Verhalten" vor. Die USA wüssten, dass Russland die Separatisten unterstütze. "Wir sprechen über weitere Sanktionen, weitere Anstrengungen", fügte er hinzu.

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In Russland meldete sich unterdessen Janukowitsch zu Wort.
Er wolle in seine Heimat zurückkehren, sobald sich eine Möglichkeit biete, sagte er in einem Interview des staatlichen russischen Fernsehens. Er setzte sich vor genau einem Jahr ins Nachbarland ab, nachdem bei den Protesten in Kiew innerhalb von drei Tagen mehr als 100 Demonstranten erschossen worden waren.

Die Demonstrationen richteten sich damals gegen Janukowitsch und dessen prorussischen Kurs. Janukowitsch begründete seine Flucht damit, er habe um sein Leben fürchten müssen. Er betrachtet seine Absetzung als illegal und spricht genau wie die russische Regierung von einem Putsch. Janukowitsch ist wegen Vorwürfen wie Unterschlagung von Interpol zur weltweiten Fahndung ausgeschrieben.

(REU)
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