Forderung nach Referendumsverschiebung Ukraine: So richtig traut keiner Wladimir Putin

Moskau/Brüssel · Es kam überraschend: Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Separatisten in der Ostukraine aufgefordert, dass für den 11. Mai geplante Referendum zu verschieben. Damit werden wieder Hoffnungen auf eine diplomatische Lösung des Konflikts wach. Doch so richtig traut die internationale Gemeinschaft den Worten Putins nicht.

Putins Forderung nach Verschiebung des Referendums
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Foto: RPO

Lange sah es danach aus, als hätten die Diplomaten in der Ukraine-Krise kaum noch eine Chance zu vermitteln. Nach dem Besuch des OSZE-Chefs in Moskau aber keimt wieder Hoffnung auf – wenn auch verhalten. Denn schon öfter hat Putin seinen Worten wenig Taten folgen lassen. Und so wird seine Forderung an die Separatisten zwar weitestgehend begrüßt, aber es folgen auch deutliche Worte in Richtung Kreml.

So sieht der konservative Europa-Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker in den jüngsten Äußerungen einen "Schritt in die richtige Richtung". Die Drohung mit einer Verschärfung der Sanktionen habe Wirkung gezeigt. Es müsse aber weitere Schritte geben, forderte er. Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier begrüßte die "konstruktive Tonlage" des russischen Präsidenten. "Die Lage ist überaus kritisch, aber noch besteht eine Chance, dass es uns mit diplomatischen Mitteln gelingt, eine weitere Eskalation der Gewalt und völligen Kontrollverlust im Osten der Ukraine zu verhindern." Und auch der SPD-Politiker sagte deutlich: "Was in Moskau besprochen wurde, muss jetzt unverzüglich in die Tat umgesetzt werden."

Die USA zeigt sich zurückhaltend

Verhalten zeigten sich auch die USA, die bislang am schärfsten mit Sanktionen gegen die russische Regierung vorgegangen waren. Und Moskau kann sich wirtschaftliche Sanktionen, sollten sie doch n och verhängt werden, nur schwer leisten angesichts der wirtschaftlichen Lage des Landes. So hatte sich Vize-Außenminister Sergej Riabkow "angewidert" gezeigt in Bezug auf Sanktionsankündigungen aus Washington.

Nun, da Putin einen Schritt auf die internationale Gemeinschaft zugeht, heißt es aus Washington zumindest, das sei ein "hilfreicher Schritt". Die Sprecherin im US-Außenamt, Jen Psaki, sagte: "Wir müssen mehr von Präsident Putin sehen, als lediglich eine Verschiebung zu fordern." Als Beispiel nannte sie eine stärkere Unterstützung des demokratischen Prozesses in der Ukraine. Und der stellvertretende Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, forderte, das Referendum solle nicht verschoben, sondern abgesagt werden. Es sei "ungesetzlich". Washington wünsche sich "eine konstruktive Rolle" Russlands in dem Konflikt.

Akteure in der Krim-Krise
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Tatsächlich hält sich Putin alle Optionen offen, in dem er nur eine Verschiebung des Referendums fordert. Sollte der Dialog mit der internationalen Gemeinschaft und vor allem der Ukraine nichts bringen, kann er schnell wieder von Entspannung auf Eskalation setzen. Martin Schulz, Spitzenkandidat der Sozialdemokraten bei der Europawahl aber sagte dem "Kölner Stadtanzeiger": "Wir sollten jedes auch noch so kleine Signal der Entspannung nutzen."

Mehrheit der Ostukrainer wollen vereinigtes Land

Die ukrainische Regierung jedenfalls hat grundsätzlich Gesprächsbereitschaft mit politischen Vertretern in der Ostukraine gezeigt. Mit den prorussischen Separatisten aber will Kiew keine Gespräche. "Ein Dialog mit Terroristen ist unmöglich und undenkbar", hieß es vom Außenministerium. Moskau dagegen hatte gefordert, auch die Separatisten mit an den Tisch zu holen.

Auch der Anführer der selbst ernannten "Volksrepublik Donezk", Denis Puschilin, sagte, er sei bereit, sich mit der Regierung in Kiew an einen Tisch zu setzen. Ob das nun aber heißt, dass das Referendum tatsächlich verschoben werden soll, ist noch unklar. Darüber wollen die Separatisten am heutigen Donnerstag entscheiden.

Dann wird sich auch zeigen, wie groß der Einfluss Putins auf die Kräfte (noch) ist. Denn seine Forderung war am Mittwoch mitunter skeptisch aufgenommen worden von jenen Menschen, die eine schnelle Abspaltung von Russland wollen. Und sollten sie nicht auf Putins Forderung eingehen, dann kann der russische Präsident immer noch sagen: "Seht her, ich habe euch doch gesagt, dass mein Einfluss auf die Separatisten nicht groß ist."

Einer aktuellen Umfrage zufolge zeigt übrigens, dass die Mehrheit der Ostukrainer ein vereinigtes Land wollen. Wie aus der Befragung des Pew-Forschungszentrums in Washington hervorgeht, ist auch unter der russischsprachigen Bevölkerung eine Mehrheit von 58 Prozent für die Beibehaltung des vereinigten Staates.

mit Agenturmaterial

(das)
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