Tausende Wahlzettel verschwunden US-Wahl/Florida: Das Chaos beginnt...

Miami (rpo). Ausgerechnet Florida. Vor vier Jahren stand der Bundesstaat im Mittelpunkt des peinlichen Wahl-Chaos. Und nur wenige Tage vor der US-Präsidentschaftswahl bahnt sich nun ein erneutes Debakel an. Nach ersten Unstimmigkeiten vor wenigen Tagen sind dort Tausende Wahlzettel mal eben verschwunden.

Das Verschwinden von 58.000 Wahlzetteln im Bundesstaat Florida hat nun die Furcht vor einem ähnlichen Chaos wie vor vier Jahren genährt. Die für Briefwähler bestimmten Zettel erreichten ihre Adressaten nicht, wie die Wahlaufsichtsbehörde im Landkreis Broward am Mittwochnachmittag (Ortszeit) einräumte. Die Wahlbüros des Bezirks wurden mit Telefonaten von Briefwählern überflutet, die nach den angeforderten Unterlagen fragten. Die oppositionellen Demokraten äußerten den Verdacht des Wahlbetrugs. Die Demokraten haben in Florida mehr Wähler für diese Wahl anmelden können als die Republikaner.

Die verschwundenen Zettel entsprechen etwa der Hälfte der Anträge auf Briefwahl, die in dem bevölkerungsreichen Bezirk gestellt wurden. Die stellvertretende Wahlinspekteurin in Broward, Gisella Salas, bezeichnete es in einem lokalen TV-Sender als "Rätsel", dass die Zettel nicht angekommen seien. Ihr Büro habe die Unterlagen bei der Post abgeliefert. Die Vizeparteichefin der Demokraten in Florida sagte der Nachrichtenagentur AFP, es sehe so aus, als wollten die Republikaner erneut "Stimmen stehlen". Die Regionalregierung von Florida wird von Jeb Bush, dem Bruder von Präsident George W. Bush, geführt.

Florida könnte bei der Präsidentenwahl am Dienstag wie schon 2000 eine entscheidende Rolle spielen. Vor vier Jahren hatten veraltete Wahlgeräte und verwirrende Stimmzettel einen Nachzählungsmarathon in dem "Sonnenschein-Staat" ausgelöst, der nach fünf Wochen vom Obersten Gericht in Washington zu Gunsten von Bush beendet wurde. Schon damals gab es in Florida auch zahlreiche Klagen über Versuche, vor allem afroamerikanische Wähler von der Wahl auszuschließen.

Stundenlang Schlange stehen

Schon seit Anfang vergangener Woche ist in Florida auch die vorzeitige Stimmabgabe in Wahllokalen möglich. Die Demokraten beklagen jedoch, dass dafür nicht genügend Wahlmaschinen und Helfer bereit gestellt worden seien. So mussten im Bezirk Palm Beach die Wähler bis zu drei Stunden warten, um ihre Stimmen abgeben zu können. Die Innenministerin von Florida, Glenda Hood, sagte jedoch, sie sei "sehr beeindruckt" von der "Einstellung der Leute, die bereit sind, stundenlang Schlange zu stehen". Hood ist Nachfolgerin von Katherine Harris, der während des Streits um die Wahl 2000 von den Demokraten vorgeworfen worden war, ihre Rolle zu Gunsten von Bush zu missbrauchen.

Nun warf die demokratische Parteivorsitzende im Bezirk Palm Beach, Carol Ann Loehndorf, der Regionalregierung vor, "mit jeder ihrer Entscheidungen die Republikaner zu begünstigen". Die Republikaner erheben ihrerseits den Vorwurf, Organisationen, die den demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Kerry unterstützen, hätten tausende Menschen für die Wahl angemeldet, die in Florida nicht wahlberechtigt seien.

In dem "Sonnenschein-Staat" gibt es schon seit Monaten heftige Streitigkeiten um die Wahl. Ein Stein des Anstoßes sind die so genannten Touchscreen-Wahlcomputer, die in 15 der 67 Landkreise als Ersatz für die Stanzgeräte angeschafft wurden. Die Computer haben sich nicht nur bei diversen Wahlen in den vergangenen Jahren als störanfällig erwiesen. Sie sind in Florida auch nicht an Drucker angeschlossen. Damit kann der Wähler nicht kontrollieren, ob die Maschine seine Stimme korrekt registriert hat. Auch wird damit eine Nachzählung ausgeschlossen.

(afp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort